Freitag, 30. Dezember 2011

Opern-Jahresrückblick

Zuerst die Tops:
©Sarah-Maria
Ein wirkliches Highlight in diesem Jahr war es den Hamburger Ring von Claus Guth nun endlich einmal tutto completto sehen zu können. Ich habe zwar alle Teile zwischen 2-10 Mal gesehen, aber zusammen wirken sie noch viel eindrucksvoller!

Weiter ging’s mit den Wagner-Highlights im Kino und der Walküre-Live-Übertragung aus der Met. In der mir Jonas Kaufmann überraschend gut als Siegmund gefallen hat. Denn irgendwie konnte ich ihn mir in der Rolle vorher beim besten Willen nicht vorstellen – auch wenn ich mit lyrisch-affinen Siegmund-Sängern da durchaus die besten Erfahrungen gemacht habe. Noch besser und vielleicht meine Jahres-Lieblings-Performance hat aber Bryn Terfel als Wotan abgeliefert. Da blieb nix auf der Strecke – außer vielleicht jedwede Gelassenheit meinerseits. Ich war richtig durchgequirlt und aufgewühlt im Anschluss. Oder, um es mit Wagners Worten zu sagen: „Die Musik spricht nicht die Leidenschaft, die Liebe, die Sehnsucht dieses oder jenes Individuums in dieser oder jener Lage aus, sondern die Leidenschaft, die Liebe, die Sehnsucht selbst.“

Ebenso hat mich der Herheim Parsifal in Bayreuth, wenn auch nicht musikalisch, aber doch als perfekte Regie derb getroffen. Dort auf der Bühne stimmte einfach alles: die Bühnenbilder waren dermaßen ästhetisch, dass man wie gebannt hinstarrte und zudem kam auch keinesfalls der Intelektuelle Kitzel zu kurz.  

Und als absolutes Überraschungs-Bonbon in Sachen Wagner gilt für mich in diesem Jahr der Tristan in Bochum! Da war ich noch Tage später schlimm beschwipst. Die Regie von Willy Decker hat den Wagner’schen Verschmelzungs-Gedanken perfekt aufgegriffen und synchron zur Musik verstärkt. So muss Regie sein! Definitiv die beste Tristan-Inszenierung, die ich jemals gesehen habe! Und auch musikalisch gab’s einiges zu entdecken: denn bedingt durch die Hallen-Akustik kam die Musik doch ein wenig anderes daher, was zwar ungewohnt, jedoch keinesfalls schlecht war. Und Anja Kampe als Isolde hat mich mehr als positiv überrascht. Nicht ganz so überragend, aber dennoch gut war da Christian Franz als Tristan.

Ziemlich viel Wagner war’s in diesem Jahr. Doch es gab in meinen persönlichen Highlights durchaus auch noch andere Komponisten: ein echtes Positiv-Erlebnis war z.B. der Don Carlos der Berliner Staatsoper im Schillertheater. Da stimmte einfach alles: das Stück an sich, die Inszenierung und die Besetzung. Dabei allen voran René Pape als König Phillip.

Eher unbekannt dürften den meisten hingegen die Opern „Die Komödie auf der Brücke“/ „Wir sind daheim“ sein, die das Internationales Opernstudio der Hamburgischen Staatsoper in der Opera Stabile auf die Bühne brachte und damit nicht nur gesanglich gepunktet sowie Lust auf mehr gemacht hat, sondern auch in Sachen Regie, Bühnenausstattung und Schauspiel einiges zu bieten hatte.
  
 
©Sarah-Maria
Und nun zu den Flops:
Als absolute Krönung aller Regie-Katastrophe im Jahre 2011 platziere ich den Hamburger Don Giovanni. Wobei die Vollendung des Hannoveraner Ring-Zyklus vermutlich auch gute Chancen auf diese Auszeichnung hätte, jedoch habe ich mir, nachdem ich das Rheingold und die Walküre gesehen habe, aus Gründen des Selbstschutzes dieses Drama nicht weiter angetan. Und kann daher nichts davon berichten.

Dramatisch schlecht inszeniert war außerdem Samson und Dalila in der Deutschen Oper Berlin: anfangs war’s ja zumindest noch in Sachen Design ganz hübsch, aber das hat sich gen Ende auch mehr als stark verflüchtigt. Und da es weder ein gutes noch ein durchdachtes Ideen-Konzept in der Regie gab, blieb an Positiven halt nur das Anfangs-Bild.

Ein richtiges Trauerspiel war außerdem die Madama Butterfly in Bremen. Und gilt für mich irgendwie als Sinnbild dafür, was alles im Bremer Goethetheater schief läuft: denn bei mir hat sich der Eindruck verfestigt, dass das Theater auf Teufel komm raus die Oper „entstauben“ will – was ja erstmal nicht unbedingt etwas Schlechtes ist, jedoch hakt es da in der Umsetzung: denn nur weil man den Darstellern sinnbildliche Partyhüte aufsetzt, wird das Ganze nicht gleich zu einem gelungenen Fest. Denn egal, ob jung oder alt: wer sich grundsätzlich nicht für Kunst im Allgemeinen und Musik im Speziellen interessiert, wird niemals zur Oper finden und da Kunst vor allem eins sein muss – nämlich gut – damit die Leute wiederkommen, ist es meiner Meinung nach der falsche Weg nur auf Effekte, kurze Röcke und Tamtam zu setzen.


Aber was waren eure Opern Tops und Flops im Jahr 2011?

3 Kommentare:

  1. Über die Flops will ich ja gar nicht weiter nachdenken, aber zu den Tops des Jahres kann ich spontan antworten:

    1) Mozart: Don Giovanni, Baden-Baden mit
    Ildebrando d'Arcangelo, Luca Pisaroni, Joyce DiDonato, Diana Damrau, Rolando Villazon und dirigiert von Yannick Nézet-Séguin.
    Ein Traum! Perfekt! Wunderschön und einmalig!

    2) Wagner: Lohengrin, Bayreuth
    Klaus Florian Vogt sang perfekt und Maßstäbe setzend

    3) Ponchielli: La Gioconda, Karlsruhe
    Noch nie live gehört und dann bin ich gleich 5 mal innerhalb von 10 Wochen rein. Eine neue Lieblingsoper und CD-reif interpretiert von Barabara Dobrzanska, Lance Ryan, Sabina Willeit und Walter Donati.

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  2. Beeindruckende Vorstellungen:
    1. Franco Fagiolis Konzerte (♥_♥)
    2. Juan Diego Florez Konzert, Baden-Baden
    3. Hamlet mit Stephane Degout, Straßburg
    4. Aida mit Johan Botha, Hamburg

    "Viel Lärm um Nichts" Inszenierungen:
    1. Rigoletto, Karlsruhe
    2. Otello, Ffm
    3. Rodelinda, Wien

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  3. @Honigsammler: von den Vorstellungen habe ich leider keine gesehen. :( Die Don Giovanni-Besetzung hört sich wirklich beeindruckend an! Und den Bayreuther Lohengrin haben wir probiert, aber leider keine Karten bekommen.... Aber vielleicht klappt es ja in diesem Sommer! ;) Obwohl ich Neuenfels an sich generell lieber meide....

    La Gioconda kenne ich leider auch nicht, aber ich werde dafür heute Abend mal youtube bemühen, denn bei deiner enthusiastischen Empfehlung, scheint es mir, dass ich da bisher echt was verpasst habe.....

    @Lotus-Eater: Ich bin generell nicht soooo häufig bei Liederabenden. Im letzten Jahr habe ich mir nur wenige angesehen.... Herausragend fand ich Waltraut Meier in der Hamburger Laeiszhalle. :D

    Die Aida mit Botha habe ich in Hamburg leider verpasst. Aber ich mag die Produktion generell ganz gerne: besonders das Schlussbild finde ich beeindruckend!

    Deine drei Flops sind - zum Glück - auch an mir vorbei gegangen, wobei ich den Otello in Frankfurt fast besucht hätte. Hat dann aber doch nicht geklappt - offenbar zum Glück.... ;)

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