Freitag, 28. Januar 2011

Daniel Barenboim und Magdalena Kožená - Staatsoper (im Schillertheater)

©Sarah-Maria
Nach einer halb selbst verschuldet, halb unverschuldet durchgemachten Nacht, wollte ich mir das Konzert im Schillertheater mit Daniel und Magdalena trotzdem nicht entgehen lassen. Todmüde hab ich mich vom Hostel auf den Weg gemacht, in das wir am Nachmittag vorher eingecheckt haben. Damals schien noch alles supi. Okay bis auf das Übliche und ein wenig löchrige Bettwäsche. Aber dieser Schein sollte sich nicht nur als Trugschluss erweisen, sondern als grenzgradiger Betrug.  Denn als wir dann schließlich gegen drei Uhr nachts vom samstäglichen Tannhäuser sowie anschließendem Socializing zurückkamen, hatte sich das Vorderhaus des unscheinbaren Hinterhof-Hostels in eine 90iger Jahre Trash-Disco verwandelt, mit DJ’s, die sogar aus der Dorfdisco meiner Schulzeit achtkantig rausgeflogen wären – und das heißt was. 

Zudem besaßen die Türsteher mit Knopf im Ohr auch noch die Frechheit nicht sofort zu akzeptieren, dass wir nicht im Geringsten bereit waren für die Ruhestörung auch noch Eintritt zu zahlen. Im Hostelzimmer wurde es auch nicht besser: Altbau-Einfachverglasung ist einfach mal was anderes als Panzerglas und so mussten wir uns in unserem Zimmer mehr oder weniger anschreien. Der nächtliche Umzug in ein ein Stockwerk höher gelegenes Zimmer hat es zwar ein wenig erträglicher, aber auch nicht wesentlich besser gemacht. Am Ende gab’s nach eindringlicher Beschwerde aber immerhin die Hälfte des Geldes zurück.

Daher also die Müdigkeit am nächsten Morgen....

Aber mit einem Liter Kaffee geht erfahrungsgemäß irgendwie alles! ;) Das Konzert war leider (für’s Schillertheater) und zum Glück (für mich) so gar nicht ausverkauft, so dass ich mir an der Studi-Ticket-Kasse einen Platz in der ersten Reihe aussuchen konnte - und das obwohl ich’s nicht ganz gepackt hatte um 10h bei Kassenöffnung da zu sein.

Gereizt an dem Konzert hat mich vor allem die Auswahl:
MAURICE RAVEL  »Histoires naturelles«  CLAUDE DEBUSSY  »Chansons de Bilitis«  MAURICE RAVEL »Chanson hébraique«  MODEST MUSSORGSKY  »Detskaja (Die Kinderstube)«  DMITRI SCHOSTAKOWITSCH  »Satiren« op. 109
Einiges davon kannte ich kaum oder gar nicht. Aber die Komponisten an sich finde ich durchweg spannend! Daher erschien mir Magdalena und Daniel im Doppelpack als eine gute Gelegenheit diese besser kennenzulernen. – War’s auch! Das Konzert war toll und hat sich wirklich gelohnt! Einziges Manko: das Schillertheater selbst. Denn irgendwas klackert da die ganze Zeit im Hintergrund. Meine Theorie sind die Scheinwerfer?

Montag, 24. Januar 2011

Tannhäuser - Deutsche Oper Berlin

©Sarah-Mari
Tannhäuser ist echt immer wieder eine geniale Gänsehaut-Oper! Der Wagner-Pomp nudelt sich schlicht nicht ab und zusammen mit dem super-duper Chor der Deutschen Oper ist er echt unschlagbar! Und auch die Solisten waren hauptsächlich gut. Allen voran Petra Maria Schnitzer, die ich schon vor ziemlich genau einem Jahr in dieser Produktion gesehen und gehört habe. Sie ist damals zu meinem großen Glück für die erkrankte Nadja Michael eingesprungen und da ich so ziemlich jede Sängerin besser als Naja Michael finde, hatte sie es damals nicht allzu schwer mich zu überzeugen. Gut, die Elisabeth singt sie etwas glaubhafter als die Venus, aber irgendwas ist ja immer …. ;) Den Tannhäuser hat Robert Gambill gesungen. Immerhin besser als seinen Tristan, aber ich werd mit ihm einfach nicht warm. Zudem hatte er am Ende des zweiten Aktes kaum noch Zugriff auf seine Stimme und auch wenn es dramaturgisch durchaus sinnvoll war, dass er nachdem er verprügelt, verstoßen und nur knapp dem Tod entronnen war, etwas gekrächzt hat, hat es der Szene ziemlich viel an musikalischem Gänsehaut-Potential genommen. Gott, wie hab ich mich an Stephen Gould zurückgesehnt: er hat die Partie vor einem Jahr gesungen und ist damit zu meinen liebsten Lieblingssängern geworden!

Ein echter Knüller wiederrum war Ain Anger, der den Landgrafen Hermann gesungen hat! Ich hab ihn vorher noch nie gehört und war hin und weg! Und auch Markus Brück (Wolfram von Eschenbach) sowie Clemens Bieber (Walther von der Vogelweide) haben den Abend musikalisch zu einem Highlight werden lassen. Das Dirigat hat Evan Rogister – erster Assistent vom Generalmusikdirektor des Hauses Donald Runnicles – übernommen und seine Sache echt gut gemacht. Entsprechend wurde er auch mit nicht zu knappen Beifall bedacht.

Die Inszenierung (Kirsten Harms: bald Ex-Intendantin der Deutschen Oper) fand ich schon vor einem Jahr großen Mist und daran hat sich auch nix geändert. Es wird weder irgendwas inszeniert noch trumpft sie mit interessanten Bühnenelementen auf. Das Ganze wirkt zusammengeschustert und lieblos. Frauen mit aufgepimpten Brüsten in den Venusberg zu verfrachten und im Schlussbild mit Lazarett-Betten an die historische Figur der heiligen Elisabeth zu erinnern reicht mir irgendwie nicht als Konzept. Und die Frage, der sich jeder Tannhäuser-Regisseur stellen muss, nämlich ob Venus und Elisabeth ein und dieselbe Person sind und vor allem WARUM bzw. WARUM NICHT, bleibt unbeantwortet. Kirsten Harms greift sie zwar immer wieder auf: indem sie die Venus à la Botticelli mit fast bodenlangen leicht gelockten blonden Haaren darstellt, welche von Elisabeth schließlich zu einem züchtigen geflochtenen Kränzchen ums Köpfchen gesteckt werden und am Ende die tote Elisabeth (wieder) zur Venus wird, aber das Warum bleibt beim Wieso – nämlich auf der Strecke. Das große Glück der Regisseurin und Intendantin bleibt der Chor, der zusammen mit der effektvollen Musik hoch, runter, nach vorne und nach hinten gefahren werden konnte.

Montag, 10. Januar 2011

Parsifal - Hamburgische Staatsoper

©Sarah-Maria
Gestern gab’s eine ausverkaufte Wiederaufnahme des Parsifal in der Oper Hamburg. Es war die nur 28. Vorstellung seit der Premiere 1991 – und ehrlich gesagt kann ich’s verstehen, warum diese Produktion so selten gespielt wird….

Aber fangen wir mal mit dem Positiven an: die Besetzung! Zugpferd und Sänger-Star des Abends war sicherlich Klaus Florian Vogt als Parsifal. Manchen mag seine Stimme nicht gefallen -  mir aber schon und dies tat sie auch gestern Abend. Angela Denoke hat, seit ich sie in Berlin als Salome in der Lindenoper gesehen habe, bei mir eh nen Stein im Brett und auch Wolfgang Koch als Amfortas, Wilhelm Schwinghammer als Titurel, Peter Rose als Gurnemanz, Antonio Yang als Klingsor und Simone Young mit ihren Philharmoniker waren echt bei der Sache. Doch insgesamt war der Applaus jetzt nicht sonderlich überschwänglich – eher so was wie dankbar. Einige ausgewählte Bravi, keine Buhs.

Und nun zur Inszenierung (Robert Wilson): sie war von der Idee her ja eigentlich nicht soooo schlecht und es gab auch einige recht ästhetische Standbilder, aber das Ganze hat sich schnell abgenudelt und insgesamt hat mich das Bühnenbild irgendwann tödlich gelangweilt. Zudem waren neben diversen inszenierungsimmanenten Moves der Sänger einige Elemente echt ungewollt komisch: allen voran der überdimensionierte Salzkristall aus dem nächstbesten Eso-Laden im ersten Akt und dem Chor in schwarzen Ganzkörper-Kondomen mit Zipfel im dritten Akt: die waren echt drollig, weil sie durch ihre Sichtfenster kaum etwas sehen konnten und so tapernd ineinander gebounced sind. Und nicht zu vergessen: Graf Draculas Kostümierung hat auch einen neuen Besitzer gefunden!

Fazit: allein weil der Parsifal so selten aufgeführt wird und wegen der Besetzung, lohnt sich der Weg nach Hamburg. Aber einmal langt dann auch…..

Samstag, 8. Januar 2011

Tosca - Stadttheater Bremerhaven

©Sarah-Maria
Wieso war ich nochmal vor über einem Jahr das letzte Mal in einer Tosca-Vorstellung?! Der gestrige Abend war DER Hammer und es war definitiv eine DER Vorstellungen des Jahres – auch wenn das angesichts des Datums irgendwie lächerlich klingt.

Die Besetzung war nahezu perfekt! Miriam Gordon-Stewart, bis neulich noch Ensemblemitglied in Hamburg, als Tosca war insbesondere im zweiten und dritten Akt einfach nur genial. In Hamburg gehörte sie nicht unbedingt zu meinen Lieblingssängerinnen und im ersten Akt fand ich sie manchmal auch etwas affektiert, manchmal auch stimmlich irgendwie unterkühlt; Aber die Szene in Scarpias Büro und alles was dann folgte, war eine so durchdachte, intelligente und spannende Interpretation ihrerseits: sie hat nicht nur stimmlich so Einiges und echt Vieles gezeigt, sondern hat durch eine punktgenaue Gestik und Mimik irgendwie so was wie einen Zoom-Effekt geschaffen. Gänsehaut pur! Ihr Liebhaber Eduardo Aladrén alias Cavaradossi stand ihr in nix nach. Ganz im Gegenteil: er kam auf die Bühne, machte den Mund auf und Zack haben sich die Härchen auf meinem Arm in die Senkrechte positioniert. Er hat eine Stimmfarbe, die ich einfach liebe! Matthias Klein als Scarpia war ebenso ein echter Kracher! Er hat zwar nicht jeden Ton so 100%ig ausgesungen, hat das aber durch seine Interpretation und Stimmgewaltigkeit wieder mehr als wett gemacht. Das Dirigat von Stephan Tetzlaff war für mich neu, logisch, emotional, voluminös und zugleich klirrend ausdifferenziert. Kurz: Spannung pur!

Die Inszenierung von Gregor Horres hatte in ihrem düsteren Minimalismus durchaus ihre Momente und insbesondere die Schlussszene war wirklich sehr eindrucksvoll in Punkto Raumgestaltung, Beleuchtung und Personenregie. Auch das „Va Tosca“ war spannend inszeniert: es passte wie Faust auf’s Auge, dass sich der Kirchenboden hebt und darunter eine Massenhinrichtung ans Tageslicht gelangt. Dennoch hat die Inszenierung mich jetzt nicht wirklich von Hocker gerissen: die Gefolgsleute Scarpias als Nazis mit historischen (Armbinden – hier weiß) und aktuellen (Baseballschläger) Kostümelementen zu versehen, kann man, muss man aber nicht machen und das Bild der Attavanti in der Kirche fand ich ehrlich gesagt furchtbar.

Alles in Allem ein absolutes Muss, wenn man sich mal irgendwo im Dunstkreis von Bremerhaven aufhält! Es gibt noch Vorstellungen am 22. und 30.01. sowie am 02.,06.,10. und 27.02. (am 06.,10. und 27.02. singt Heiko Börner die Partie des Cavaradossi)

Mittwoch, 5. Januar 2011

CD: David Fray - Mozart

©Sarah-Maria
Ist zwar ein bisserl Off-Topic, weil es sich hierbei nicht um Oper handelt, sondern um zwei Klavierkonzerte von Mozart (22 & 25), aber was soll’s - ich hab die CD immerhin neu! ;)

Zunächst mal zu den Äußerlichkeiten: Das Cover ist hübsch, mit kunstvoll in Szene gesetzten Händen des Pianisten und ohne viel SchnickSchnack. Doch inhaltlich finde ich das Booklett ehrlich gesagt grenzgradig peinlich: erst vor zwei Tagen habe ich David Fray in einem Bericht auf 3sat über die blinde Vermarktung der Klassik schimpfen hören - in der nur Jugend, Aussehen und medienwirksamer Charme zählt. Mal abgesehen davon, dass er diese Kriterien recht akkurat ausfüllt, erfüllt er noch ein weiteres Kriterium, nach dem der Klassikmarkt seit ihm und ihren Käufern vorgeworfen wird auch nicht besser als diverse Castingshows zu sein, nahezu lechzest: der gute alte Intellekt. Ein Pianist mit Köpfchen musste also her. Und so bekommt man im ersten Absatz eines jeden Berichts über Herrn Fray unmissverständlich klar gemacht, dass der Junge quasi schon im Kindergarten Hegel und Kant gelesen hat -  womit die Sache  ja wohl ein für alle Mal geklärt zu sein hat und das altehrwürdige Kunstverständnis aller Klassikhörer gerettet sein dürfte. Kategorisch zugehörig zur philosophischen Gemeinschaft, interessieren Davids philosophische Gedanken zur Musik auch niemanden. Hauptsache sie klingen in einem Meer von  schörkeligen Adjektiven und zwei drei Andeutungen Richtung irgendwie Philosophie im Booklett mit.

Tja, dumm nur, dass ich ihn – ob als Werbeopfer oder mündiger Käufer sei mal dahingestellt – wirklich gerne mag. Seine Bach und Schubert CD steht auch schon bei mir im Plattenschrank und zudem war ich auf seinem wohl ungewöhnlichsten Konzert seit seinem Dasein als Klassik-Star: am 16.04.2010 spielte David Fray himself Mozart, Bach und Mendelssohn-Bartholdy im Lingener Theater an der Wilhelmshöhe. Mit seinen wunderhübschen mintgrünen Sitzbezügen und violettem Samtvorhang dürfte es jedem gewöhnlichen 70iger-Jahre-Bau-Kritiker sofort die Sprache verschlagen. Und  wer sich jetzt fragt wo eigentlich Lingen ist, bewege seinen Blick auf der Deutschlandkarte zur niederländischen Grenze ins südliche Emsland - genau dahin wo sonst nix außer Moor ist.

©Sarah-Maria
Angesichts dieses Klassik-Highlights im kleinen Lingen, dürfte man  aufgrund der Tatsache von  Herrn Frays mitunter schonmal ausverkaufen Konzerten in diversen Klassik-Metropolen sowie extrem günstigen Kartenpreisen (erste Kategorie = unter 30 EUR!!!!)  doch schon annehmen, dass das Theater mit seinen mageren 753 Plätzen restlos ausgelutscht war. Pustekuchen: in den Seitenflügeln herrschte gähnende Leere und das Mittelschiff war jetzt auch nicht grad völlig überrannt….. Er spielte, die Leute klatschten und anschließend gingen alle nach Hause. Kein Bravo, kein frenetisches Jubeln – es hätte auch das allsonntägliche Konzert in der unweit entfernten Kreuzkirche sein können. Man konnte die Fragezeichen über seinem penibel vermarkteten Kopf förmlich sehen….. Damit wäre  das Lingener Publikum als wahres Bollwerk gegen die PR-Maschinerie ja wohl gekürt ;)

P.S.: Die CD ist super! ;)