Montag, 16. April 2012

Kátja Kabanová - Staatstheater Oldenburg

Nach Janáček schwirrt in mir stets die Frage, warum seine Opern nicht wie Verdi, Wagner, Mozart oder auch Rossini, Puccini oder Strauss rauf und runter gedudelt werden. Denn ich finde sie einfach nur genial! Die Oldenburger Kátja Kabanová werde ich daher am Donnerstag (12.04.2012) mit Sicherheit nicht zum letzten Mal gesehen haben! 

Die beiden größten Pluspunkte, neben der Oper an und für sich natürlich ;), war das Dirigat von Thomas Dorsch und die Inszenierung von Lydia Steier. Der musikalische Oberleiter des Staatstheaters Oldenburg holte alles aus dem Orchestergraben raus, was ging. Die Musik hat mich so dermaßen in den Bann gezogen und mitgerissen, dass ich hinterher fix und fertig war. Es kam mir tatsächlich so vor, als hätte ich in der Musik die Handlung selbst durchleiden müssen - man hatte keine Chance dem zu entkommen. Der emotionale Overkill!

Die Regisseurin Lydia Steier inszenierte auf der neuen Oldenburger Drehbühne und nahm die Hauptfigur in einem spießigen Wohnzimmer in Haft. Indem sie das Zimmer nach hinten immer schmaler werden ließ, wirkte es gleichzeitig endlos und beenget. Ein wirklich gelungenes Bild! Rechts davon war das Wolgaufer an dem sich die beiden Liebespaare Varvara & Vanja und Kátja & Boris des nachts heimlich trafen. Links eine Puppenfabrik, in der Kátjas Schwiegermutter Marfa Kabanová herrschte. Dort wurden sinnbildlich kleine willenlose und perfekte Püppchen gezüchtet. Die Szenerie begleitete stets ein Mädchen, das ich als eine Art Kátja der nächsten Generation interpretiere. Sie spielte z.B. mit einer der Puppen, saß wimmernd unter einem der Tische der Fabrik, als Mafa Kabanová (die vermutlich ihre Mutter war) mit dem Priester schlief und hielt sich bei Streitereien im Haus schützend die Ohren zu.

Die, wie ich finde, geniale Idee mit der Puppenfabrik nutze Lydia Steier auch dazu, um den inneren Kampf Kátjas zu unterstreichen: Zu ihrem heimlichen, ehebrecherischen Treffen mit Boris, tauchte sie in einer traditionellen Tracht auf, die auch die Puppen trugen. Sie war nicht nur Opfer der äußeren Zwänge, sondern trug sie selbst auch tief in sich verwurzelt, als ein Teil von sich. In diesem Zusammenhang steht auch Lydia Steiers Dekonstruktion der Kulissen gegen Ende der Oper: Das einstige Zimmer war nur noch ein Gerüst und hatte noch nicht einmal Wände. Trotzdem konnte Kátja nicht einfach zusammen mit Boris fliehen. Ganz im Gegensatz zu Varvara und Vanja, die innerlich frei waren und ganz simpel und einfach in eine Gondel gestiegen und gegangen sind. Schließlich wurde Kátja von den Puppen (nun auf der Bühne als lebendige Frauen) bzw. sich selbst erdrückt. Die Puppen kullerten zwar teilweise leb- und willenlos durch den Raum – zogen sie jedoch an anderer Stelle einfach zu Boden.

Das Sängerensemble war wirklich toll ausgewählt! Die Titelpartie sang Valérie Suty absolut hingebungsvoll. Die Rolle nahm man ihr in jeder Sekunde ab. Da wirkte nix gekünstelt oder übertrieben. Ihre Stimme hat mich sehr beeindruckt und ich würde sehr gerne noch viel mehr von ihr hören. Auch wenn ihr in den leiseren und langsameren Stellen, für meinen Geschmack, etwas der Samt in der Stimme fehlte. Ihren Liebsten Boris sang Mark Duffin einfach nur großartig. Kátjas Ehemann Tichon übernahm Mark Rosenthal als Einspringer und hat mich ehrlich gesagt nicht wirklich überzeugt. Seine Mutter Marfa musste ebenfalls kurzfristig neu besetzt werden und wurde von Gabriela Künzler übernommen – und ich habe eindeutig Angst vor ihr! Sie hat die böse Schwiegermutter wirklich, wirklich böse interpretiert. Wirklich richtig, richtig gut hat mir Linda Sommerhagens Varvara gefallen. Ihre Stimmfarbe ist wunderschön und absolut klar. Ganz genau mein Fall. Michael Pegher steht noch ganz am Anfang seiner Karriere und konnte als Vanja Kudejasch durchaus punkten.

5 Kommentare:

  1. Hast Du Kátja Kabanová vor ein oder zwei Jahren auch in Münster gesehen?
    Ich habe sie gesehen, aber mich hat sie nicht so sehr begeistert.
    Das Oldenburger Theater scheint Dir gut zu gefallen, Du bist häufiger dort.
    Ich sollte es mal anpeilen in der nächsten Spielzeit dort eine Oper anzusehen.
    LG
    Agnes

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    1. Nee, die Produktion in Münster habe ich nicht gesehen - und ehrlich gesagt wusste ich auch gar nicht, dass die das auf dem Spielplan hatten. Aber vielleicht gibt's ja mal eine Wiederaufnahme. ;)

      Und vom Theater Oldenburg bin ich ein echter Fan! Sicher, sie haben natürlich nicht das Budget, sich die großen Opernsänger einzukaufen, aber sie haben ein großartiges Ensemble und auch immer mal wieder spannende Gastsolisten. Außerdem finde ich die Regie dort sehr oft richtig, richtig gut, so dass mir in Oldenburg regelmäßig wundervolle Opernabende beschert werden.

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    2. Ich denke nicht, dass die Oper wieder aufgenommen wird, sie kam nicht so besonders an.
      Wenn nach der Pause das Theater merklich leerer ist, dann ist das ein schlechtes Zeichen.

      Übrigens wird La Traviata in der nächsten Saison wieder aufgenommen.
      Ich hoffe sehr, dass Henrike Jacob und Johannes Schwärsky wieder dabei sind.
      LG
      Agnes

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    3. Katja Kabanowa
      http://www.stadttheater.muenster.de/stadt/theater/presse_76142.htm

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    4. Mhhhhhm. Vielleicht ist die Oper doch nicht so massentauglich, wie ich dachte. Oder war sie so schlecht besetzt, dass die Leute es nicht ausgehalten haben. ;)

      Und Danke für die Traviata-Info! Dann habe ich ja doch noch eine Chance sie zu sehen.....

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