Donnerstag, 7. Juni 2012

Tristan und Isolde - Staatsoper Hamburg

Etwas spät - aber immerhin - kommt nun mein Posting zum sonntäglichen Tristan in der Hamburgischen Staatsoper:

Die Titelrollen wurden von Linda Watson und Christian Franz bestritten. Letzterer hat mir besser gefallen als Erstere – auch wenn Frau Watson mehr Applaus abgesahnt hat. Applaus gab es ohnehin viel – sehr viel. Neben den Protagonisten wurde vor allem die Dirigentin des Abends Simone Young gefeiert. Und dies durchaus berechtigt – auch wenn an manchen Stellen der Wagner-Pomp ein wenig mit ihr durchgegangen ist und die Sänger es wirklich schwer hatten über den Orchestergraben zu kommen. Aber das sei ihr schnell verziehen.

Christian Franz hat mich absolut positiv überrascht! Ich habe ihn schon vor etwa einem Jahr als Tristan gesehen – und hatte ihn gut in Erinnerung, aber nicht so gut. Er hat seine Stimme klug und passgenau eingeteilt. Zudem klang seine Interpretation an einigen Stellen, wie schon sein Siegfried und ganz besonders (natürlich auch rollenbedingt) sein Siegmund, sehr lyrisch.

Linda Watson wird sicher nicht meine Lieblingsisolde – der Funke ist bei mir einfach nicht übergesprungen. Aber sie war in meinen Augen weit entfernt davon, so schlecht zu sein, wie einige in den Kommentaren zum Berliner Tristan berichtet haben.

Wirklich wunderbar hat mir hingegen Katja Piewecks Brangäne gefallen. Sie hat die Rolle mit so viel Hingabe und Emotion gesungen, dass sich bei mir regelmäßig die Gänsehaut gemeldet hat. Wunderbar war ebenfalls der König Marke von Peter Rose, auch wenn er in seinem Kostüm irgendwie eher in eine Disney-Märchen-Verfilmung gepasst hätte. Der Kurwenal von Boaz Daniel war interessant. Und ich meine in diesem Fall „interessant“ nicht im Sinne von „der kleine Bruder von scheiße“ ;) – sondern: ungewöhnlich, gut und durchaus spannend.

Die Inszenierung von Ruth Berghaus war teilweise hübsch, aber vor allem sehr assoziativ. Und Einiges hat sich mir auch nicht auf Anhieb erschlossen. Dennoch war das Grundkonzept gut gezeichnet: „Die Regisseurin beschreibt den Untergang des Menschen durch Liebe mit großer Eindringlichkeit und Bildgewalt. Unendliche Einsamkeit suggeriert das Bühnenbild von Hans-Dieter Schaal: ein gleißendes Raumschiff auf der Fahrt durch die Galaxis im ersten Akt, das Schiffsinnere, eine Art "Kraftwerk der Gefühle", in deren unentrinnbaren Sog die Menschen geraten sind, im zweiten, schließlich die Trümmer des scheinbar an einem Meteoriten zerschellten Schiffes im dritten Akt.“ (von der Website der Hamburgischen Staatsoper). Tristan und Isolde sind in sich und den gesellschaftlichen Zwängen gefangen. Ganz ähnlich wie Richard Wagner und Mathilde Wesendonck in ihrer Liebe/ Verzweiflung zu einander, die, wie wir wissen, beidseitig unerfüllt blieb. Trotz (oder wegen) des futuristische Bühnenbildes (Hans-Dieter Schaal) stellte sich in mir das typische Tristan-Gefühl ein: Isoliert von Raum und Zeit. In Konzentration auf die Liebe. Das Wahnhafte im Wunsch.

Tragisch misslungen war jedoch das Liebesduett. Denn in der riesigen Turbine, die das Bühnenbild des II. Aufzugs dominierte, wurde ein nicht unerheblicher Teil der Stimmen gefressen, so dass man zeitweise nur noch ein undefiniertes Summen von der Bühne hören konnte. Und bei aller Sympathie für die Inszenierung (und ganz besonders für den gestrandeten Riesen-Mond im letzten Bild), geht das echt mal so gar nicht und ist ein absolut unverzeihliches No-Go.

Dennoch: Der Abend war insgesamt großartig! Es war eine echte Fehlentscheidung meinerseits in die letzte Tristan Vorstellung dieser Spielzeit zu gehen und mir somit die Möglichkeit zu verbauen, sie gleich mehrmals sehen zu können. Aber während der "Wagner-Wahn-Wochen" der nächsten Spielzeit habe ich ja immerhin nochmal die Chance.

P.S.: Und aus einem vorher aufgeschnappten Kommentar von Frau Schüssler-Bach zur Inszenierung (Leitende Dramaturin der Hamburger Oper), kann man in dem Lars von Trier Film Melancholia einige Parallelen entdecken. Für mich Grund genug ihn mir demnächst endlich mal anzusehen.

1 Kommentar:

  1. Nette Kritik! Was gibt es besseres als einen guten Tristan am Sonntagabend :-)? Linda Watson: "der Funke ist bei mir einfach nicht übergesprungen" - tja, so kanns gehen. Ich war echt froh, dass ich dieses Jahr mal den Tristan an der hiesigen Staatsoper ausgelassen habe, da prompt W. Meier absagte und besagte Linda Watson einsprang. Habe sie vor Ewigkeiten mal gehört. Simone Young soll bei Wagner und Strauss einiges drauf haben, hier in Berlin macht sie sich ziemlich rar.. Und Peter Rose ist in der Tat ein Prachtkerlchen. Die Inszenierungsfotos schauen übrigens sehr interessant aus, wobei ich mir hier http://www.hamburgische-staatsoper.de/showpic.php?tbl=dbImageSet&id=1817 nicht sicher bin ob das funktioniert...

    Grüße Schlatz

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