Donnerstag, 23. Februar 2012
Mittwoch, 22. Februar 2012
Götterdämmerung - Staatsoper Hamburg
Vor
der Aufführung trat Generalmusikdirektorin und musikalische Leiterin des Abends Simone Young,
sichtlich gerührt, vor den Vorhang, um dem Hamburger Publikum den Tod der Star-Sopranistin
Elizabeth Connell mitzuteilen. Sie war am Samstag im Alter von 65 Jahren
verstorben. Connell sang in Bayreuth, Salzburg, Wien, der Met, Scala, DOB, usw. –
ihr kennt die Liste. Zudem sang sie seit den 80er Jahren regelmäßig an der
Hamburgischen Staatsoper Rollen, wie die Lady Macbeth, die Senta, die Isolde
und zuletzt 2009 die Turandot. Frau Young widmete ihr die Hamburger Aufführung der Götterdämmerung.
Der Ring-Schluss trifft mich ja immer besonders hart. Aber vorgestern war's echt speziell. Am Ende hab' ich mich in ein anderes Jahrhundert gewünscht, in dem Fächer gängig waren, denn Brünnhildes Schlussmonolog hat mich echt umgehauen und ein wenig Extra-Luft und/oder Sauerstoffzelt wäre wünschenswert gewesen! ;)
Aber fangen wir von vorne an: Die
Götterdämmerung beginnt so, wie der Siegfried aufgehört hat: Siegfried und
Brünnhilde befinden sich nicht beieinander, sondern in getrennten Räumen auf
den zweckmäßig renovierten Walkürenfelsen. Brünnhilde liegt im Bett, über ihr
der immer noch zerstörte Spiegel. Siegfried macht Frühstück, hinter ihm die,
drei nun reparierten, Fenster. Die Nornen bewegen sich wie Geister um die
beiden herum. Siegfried packt schlussendlich seine Proviantbox, noch bevor
Brünnhilde ihr „Ja“ für Siegfrieds Reise gibt.
Siegfried
verlässt den Walkürenfelsen und schlagartig ist um ihn herum alles schwarz – doch
noch bevor er selbst eine Richtung einschlagen kann, wird er, nicht nur
sinnbildlich, sondern tatsächlich vom Gibichungenpalast überrollt. Jener ist
ein riesiges 2-stöckiges Gebäude aus verwinkelten Räumen, die a) immer mal
wieder neu gestaltet werden und b) dreht sich das Ganze auch noch permanent. Sie
sollen die verschlungen und schwer zu durchschauenden Wege, Verträge und
Intrigen der Macht symbolisieren. „Hör' und hüte dich: Verträgen halte Treu'!/ Was du bist, bist du nur durch Verträge;/ bedungen
ist, wohl bedacht deine Macht.“ (Fasolt zu Wotan im Rheingold).
Einen besonderen Kniff in der
Konstruktion stellen die, schon aus den anderen Teilen bekannten,
Architektenplatten dar: sie sind in der Decke integriert und sind eine Art
Fenster von dem die einstigen Machthaber versuchen Einfluss zu nehmen. Z.B.
versucht Wotan, während Waltraute Brünnhilde zu überreden versucht den Ring
abzugeben, vergeblich Einfluss auf Brünnhilde zu nehmen. Weiter steht Alberich
im Zwiegespräch mit Hagen auch über ihn und lenkt ihn wie eine Marionette.
Gunther und Gutrune treten
als Upper-Class-Kids auf und werden von Hagen instrumentalisiert. Der Clou an
Claus Guths Götterdämmerung ist, dass Siegfried weder den Vergessens- noch den
Erinnerungstrank trinkt. Dabei setzt Guth auf die mehr als traurige Vorgeschichte
Siegfrieds, in der er stets instrumentalisiert wurde und ohne moralische Vorbilder
aufgewachsen ist. Woher soll also auf einmal die psychische Standhaftigkeit
kommen, sich den Intrigen entgegenzustemmen? Eine durchaus bestechende Logik.
Doch Siegfried bleibt nicht in seiner Entwicklung stehen und besinnt sich im
dritten Aufzug, überreicht Hagen Nothung und inszeniert somit seinen Tod. Genau
wie Brünnhilde zieht er die Konsequenz aus seinen Handlungen.
Der Schluss bietet in Hamburg
beeindruckende Bilder! Nachdem Siegfried gefallen ist, wandelt er im Tod den
Weg durch das Labyrinth zurück zum Walkürenfelsen und wartet dort auf
Brünnhilde. Während sich Hagens Gefolgschaft verzweifelt vor dem Feuer retten
will, ziehen die Götter fanatisch feiernd ihrem Untergang entgegen. Brünnhilde
steht vor dem lodernden Machtpalast, der langsam immer weiter in die Ferne
schweift. In ihrem Tod findet sie ebenfalls den Weg zurück zum Walkürenfelsen. Sie
streckt ihre Arme Siegfried entgegen und stirbt.
Musikalisch war der Abend gut
und rund! Catherine Foster (Brünnhilde) konnte sich nochmals steigern und auch
Christian Franz (Siegfried) war in guter Verfassung. Einen großartigen Auftritt
legte ebenfalls Robert Bork als Gunther hin. Definitiv ein Sänger, den man sich
merken sollte. Seine Bühnen-Schwester Gutrune, Anna Gabler, war gut – aber eben
auch nicht mehr. Mit Attila Jun als Hagen musste ich ein wenig umdenken: ich
hatte noch immer Hans-Peter Königs grandiose Interpretation aus der Met im Ohr
und dagegen kam er einfach nicht an. John Wegners Partie (Alberich) war kurz
aber oho. Deborah Humble als Waltraute konnte mich leider nicht überzeugen –
auch hier hatte ich noch die Met-Übertragung im Sinn: Waltraut Meier war
einfach rundum genial!
Hier noch ein Clip, in
anderer Besetzung, von der Premieren-Reihe 2010:
Montag, 20. Februar 2012
Jeffrey Tate/ Deborah Voigt/ Hamburger Symphoniker - Laeiszhalle Hamburg
Der
Samstag-Abend begann mit Strawinsky und seinem Ballett „Apollon musagète“, welches er
1928 als Auftragsarbeit der amerikanischen Mäzenin Elizabeth Sprague Coolidge
für das Washington Festival of Contemporary Music komponierte. Coolidge war
eine der bedeutendsten Förderinnen von zeitgnössischer Musik ihrer Zeit. Sie gab
z.B. Stücke bei Béla Batrók, Benjamin Britten, Sergei Prokofjew, Maurice Ravel
oder auch Arnold Schönberg in Auftrag.
Über die Komposition zu dem
Ballett heißt es von Strawinsky selbst: „Am meisten schien mir dazu die
diatonische Schreibweise zu passen. Die Klarheit dieses Stils bestimmte auch
die Wahl der Instrumente. [...] Es lockte mich, eine Musik zu komponieren, bei
der das melodische Prinzip im Mittelpunkt steht. Welche Freude, sich wieder dem
vielstimmigen Wohllaut der Saiten hinzugeben und aus ihm das polyphone Gewebe
zu wirken, denn durch nichts wird man dem Geist des klassischen Tanzes besser
gerecht, als wenn man die Flut der Melodie in den getragenen Gesang der Saiten
ausströmen lässt.“
Ich persönlich muss sagen,
dass ich das Stück bisher noch nie zuvor live gehört habe und auch nicht
sonderlich konzentriert bei der Sache war, da ich doch recht gespannt auf den
zweiten Teil und insbesondere auf Deborah Voigt, die ich ja schon letzte Woche
in der Met-Live-Übertragung der Götterdämmerung gesehen habe, gewartet habe. In jenem wurden Auszüge aus Wagners Götterdämmerung gespielt: begonnen wurde mit dem
Sonnenaufgang zu Beginn des ersten Aufzugs, daran knüpfte Siegfrieds
Rheinfahrt an, gefolgt vom Trauermarsch und schließlich vollendet von
Brünnhildes Schlussmonolog.
Wie
den meisten aufgefallen sein dürfte, ist in der Aufzählung nur ein Stück, wenn auch ein imposantes,
enthalten in dem Frau Voigt zum Einsatz kam, was ich außerordentlich Schade
fand. Dies sahen meines Erachtens die meisten Konzertbesucher, die da waren – muss man sagen, denn es waren
erschreckend wenige da: so leer habe ich weder die Laeiszhalle noch irgendeinen
anderen Konzertsaal jemals gesehen, auch so.
Umso enttäuschender war es, dass sie sich, trotz langem Bitten und viel
Applaus, zu keiner Zugabe hinreißen ließ.
Nichts
desto trotz war der II. Teil durchaus hörenswert: die Voigt hat nach einigen
anfänglichen Textpatzern wundervoll gesunden und der Orchesterklang war
wirklich beeindruckend. Zumal durch den Stufenaufbau der Musikergruppen ein
völlig anderer Klangmix entstand. Jeffrey Tate verstand es außerdem Wagner an
den langsamen Stellen langsam genug und an den schnellen Stellen schnell genug
zu dirigieren. Klingt simpel, kommt aber selten vor – wie ich finde. Und was
uns seltsamer Weise alle vom Hocker gehauen hat, war die Triangel! Keiner von
uns, und wir waren 10, hatte sie bisher jemals dermaßen markant bemerkt.
Das Ganze wurde übrigens auf DVD aufgezeichnet. Finanziert haben die Hamburger Symphoniker dieses Projekt erstmals via Crowdfounding.
Mittwoch, 15. Februar 2012
Siegfried - Staatsoper Hamburg
Regisseur
Claus Guth ließ den Siegfried auf der Bühne als das erscheinen, was er
letztendlich ist: nämlich ein pubertierender Junge, der sich alleingelassen und
recht ziellos durch die komplette Sagenwelt prügelt. Christian Franz hat diese
Partie, wie gewohnt, nicht nur gut gesungen, sondern auch einmalig toll
gespielt: Man hat ihm den aggressiven Jungen, der niemals stillsitzen kann und
schnell draufhaut ebenso abgenommen, wie die quälende Identitätssuche, die ihn
nicht zur Ruhe kommen lässt. Mit Tiermasken verkleidet suchte Siegfried
verzweifelt nach seinem Ursprung und seiner Identität.
Mime,
sehr gelungen interpretiert von Jürgen Sacher, war mit den quälenden Fragen des
Jungen völlig überfordert und verkroch sich am liebsten, zusammen mit diversen
Pillen, in seinem Bett. Er hatte es sich vermutlich einfacher vorgestellt ein Kind
nach seinen Vorstellungen zu formen und hatte nun - da Siegfried stärker war als er und eigentlich auch schon nicht mehr in sein Kinderbett so richtig
reinpassen mochte - die Kontrolle verloren. Mime war (schon längst) völlig
wahnsinnig und geplagt von etlichen Ticks. Siegfried tat einem richtig Leid,
vor allem da er immer noch viele sehr kindliche Eigenschaften hatte. Er
schleppte z.B. ständig eine Puppe mit sich rum, die ihm äußerst ähnlich sah und
wohl so etwas, wie seine Familie für ihn symbolisierte.
Den
Wanderer/ Wotan versuchte Mime erfolglos von hinten zu erdrosseln und bekam
schließlich doch noch den entscheidenden Tipp zur Neukonstruktion des Schwertes
Nothung. Falk Struckmann war am Sonntag wieder gesund und konnte somit wieder
auf der Bühne stehen. Seine Stimme donnerte mit viel Ausdruck eindrucksvoll die
Partie und auch körperlich schien er bei Kräften, denn er rammte seinen Speer
dann doch etwas zu heftig in den Kulissenboden, so dass dieser
auseinandersprang.
Als
Siegfried schließlich von seiner Herkunft erfuhr, schmiedete er wahnhaft,
aggressiv und gleichzeitig euphorisch das Schwert mithilfe aller erdenklichen
Alltagsgegenstände: Er zerlegte, als wenn es kein Morgen mehr geben würde, die
komplette Einrichtung. Selbst seine Puppe musste dran glauben. Am Ende des ersten
Aufzugs presste Siegfried sein Gesicht gegen eine kleine milchige Scheibe zur
Außenwelt. Eins war klar: er wird niemals wieder zurückkehren.
Im
zweiten Aufzug fanden sich Mime und Siegfried vor der Höhle des Riesen Fafner
(Wilhelm Schwinghammer) ein. Alberich, grandios interpretiert von John Wegner,
versuchte sein sinnloses Dasein in Alkohol zu ertränken und war genau wie Mime,
ohne mit der Wimper zu zucken, bereit, Siegfried zugunsten des Rings zu opfern.
Die Kulisse erinnerte an einen DDR-Zoo: kahle zweckmäßige Fliesen kleideten den
Boden vor der Höhle ein, welche sich hinter einer riesigen zerbrochenen Scheibe
befand. Dort wucherte seit Jahren eine Art Urwald vor sich hin. Mit dem
Erschlagen der vermeintlichen Bestie fiel die Blätterwand und eine weitere Wand
trat zum Vorschein.
Der
Waldvogel (gesungen von einer etwas schwächelnden Gabriele Rossmanith) kann in
der Guth-Inszenierung als eine Art innere Stimme verstanden werden, die Siegfried
zu entschlüsseln lernt. Er trat als Spiegelbild von Siegfried auf. Doch nachdem
Siegfried Fafner erschlagen hatte, musste er sich erstmal mit den nach dem Ring
geifernden Männern auseinandersetzen. Mime berichtete, nicht einmal hinter
vorgehaltener Hand nur zu sich selbst, seine mörderischen Pläne, sondern sagte es
Siegfried frei heraus ins Gesicht. Dass Siegfried ihn dann im letzten
Augenblick aus Notwehr erschlug war gleichzeitig Erlösung wie auch die
Erkenntnis, dass er nun absolut auf sich gestellt ist.
Im
dritten Aufzug suchte Wotan Erda (Deborah Humble) in ihrer allwissenden
Bibliothek auf und scheiterte schließlich daran Siegfried aufzuhalten. Wotans
Macht war gebrochen. Siegfried konnte ungehindert seine Suche nach Brünnhilde
fortsetzen, die von Catherine Foster wirklich wunderbar gesungen wurde. Ihre
Stimmfarbe ist einmalig schön.
Da
seit dem Feuerzauber bekanntlich einige Zeit vergangen war, glich Brünnhildes,
schon im ursprünglichen Zustand nicht gerade wohnlichem zu Hause, nun einer
völligen Ruine. Die obere Etage war heruntergekracht und Siegfried stand vor
drei Fenstern: einem geschlossenen (erster Aufzug), einem zerbrochenen (zweiter
Aufzug) und einem dritten, welches sich öffnen ließ.
Siegfried
küsste Brünnhilde wach, musste jedoch feststellen, dass diese so gar nicht
über seine Anwesenheit erfreut war. Hier nahm Claus Guth das Libretto beim Wort
und ließ Siegfried sogar resigniert den Walkürenfelsen verlassen – um ihn
schließlich doch noch für einen zweiten Versuch zurückkehren zu lassen. Am Ende
zerschlug Siegfried den Spiegel (den man schon aus der Walküre kannte) und die beiden bestritten das Liebesduett nicht
in inniger Umarmung, sondern nebeneinander. Sie zerfledderten Bücher (das
Wissen der Nornen und Götter).
Als
ich die Regie das erste Mal gesehen habe, hat mich die Oper sehr an die
Zauberflöte erinnert. Auch da spielt ja der Konflikt Wissen/ Vernunft vs. Natur/
Emotion in der eigenen Identitätssuche eine große Rolle. Nur dass es hier
eher umgekehrt ist: Bei Mozart symbolisiert Sarastro, als Mann, das Wissen und
die Königin der Nacht, als Frau sowie der Papageno, als na ja, irgendwie
triebhaftes schon fast tierisches Wesen, die Natur.
Montag, 13. Februar 2012
Götterdämmerung - Met im Kino
Ich
habe letztes Jahr schon die Walküre gesehen, dann den Siegfried verpennt und nun bin
ich am Samstag wieder ins Kino zur Götterdämmerung gepilgert. Die Inszenierung
(Robert Lepage) fand‘ ich, um ehrlich zu sein, zunehmend langweiliger. Die
komplette Ring-Kulisse wurde von einer beweglich komplizierten Bühnenmaschinerie
bestritten (siehe Clip unten). Doch was in dem Zusammenschnitt recht eindrucksvoll aussieht,
neigte zu etlichen Wiederholungen und mitunter auch unfreiwillig komischen
Bildern. Denn in Kombination mit den recht archaischen Kostümen wirkten die
Sänger teilweise etwas plump, wenn sie über die Maschine kletterten und versuchten
dabei nicht das Gleichgewicht zu verlieren. Zudem erntete Grane, Brünnhildes
Pferd, bei jedem Auftritt Lacher in der Art, die ein 3D und Special-Effects
gewöhnter 16-Jähriger austeilen würde, wenn in einem seiner Streifen auf Mal
ein schwarz-weiß Stop-Motion Godzilla über die Leinwand eiern würde. Ich habe am Samstag immer ein bisserl mitgefiebert, ob das Blech-Götterross den Auftritt alleine schafft - oder
vielleicht doch ein Bühnenarbeiter mit Ölflasche nachhelfen muss….
Die
Personenregie war in jeder Hinsicht absolut
traditionell. Da kam es auf die Protagonisten an, ihre Rollen spannend zu
interpretieren - was vielen außerordentlich gut gelungen ist, jedoch einigen
ein wenig mehr Textverständnis gut getan hätte. Bei dem Siegfried (Jay Hunter
Morris) hatte ich manchmal das Gefühl, er weiß eigentlich gar nicht so genau,
was er da eigentlich gerade singt. Zudem war er insgesamt auch nicht mein
Liebling des Abends: seine Stimmfarbe und äußerste seltsame Betonung war echt
nicht meins. Das haben aber andere, sprich Freunde von mir, ganz anders gesehen
und fanden seien Auftritt durchaus gelungen.
Der
absolute Star des Abends war für mich Hans-Peter König als Hagen. Echt! Was für
eine Stimme! Man hatte das Gefühl er zieht die Töne direkt aus der Erde und nutzt
die komplette Unterbühne als Resonanzkörper gleich mit. Und natürlich war der
Auftritt von Waltraud Meier als Waltraute ein Fest! Die gemeinsame Szene mit
Brünnhilde (Deborah Voigt) war ein absolutes Highlight. Ich bin immer wieder
begeistert, wie sehr sie es schafft, in einem ganz genau die Gefühle zu wecken,
die ihre Figur gerade durchmacht!
Voigts
Brünnhilde war außerdem absolut sehens- und hörenswert. Wir wissen alle, dass
die Partie außerordentlich schwer ist und zudem sehr viel Ausdauer erfordert.
Das hat sie mit Bravour gemeistert und sie wusste ihre Stimme so zu führen,
dass sie niemals schwächelte. Kurz aber oho war zudem der Auftritt von Eric Owens als
Alberich.
Iain
Paterson als Gunther sowie Wendy Bryn Hammer als Gutrune waren beide gut, haben
mich aber nicht nachhaltig beeindruckt. Ganz im Gegenteil zum Dirigat von Fabio
Luisi: er hat die Götterdämmerung mit viel Götterdonner und Dämmerungsschmerz
dirigiert. Absolut beeindruckend, welche Klangvielfalt er aus dem Orchestergraben
rausgezogen hat.
Montag, 6. Februar 2012
Die Walküre - Staatsoper Hamburg
Ein
Hirn ist schon was tolles! – besonders dann, wenn’s funktioniert…. Meins hatte
gestern leider einen dicken Aussetzer, so dass ich eine Stunde später als
geplant mit dem Zug gen Hamburg gefahren bin. Dieser kam exakt 17 Minuten vor
Vorstellungbeginn am Hauptbahnhof an und ich musste mich strategisch passgenau
am Zugausgang positionieren, damit ich noch die nächste U-Bahn erwischen konnte.
Aber es hat alles geklappt und ich bin noch knapp vor’m Schließen der Türen in
den Zuschauerraum gerauscht. :D
Zum
Glück – wie ich im Nachhinein sagen muss! Denn den ersten Aufzug zu verpassen
ist zwar immer tragisch, aber in diesem Fall wäre es sogar dramatisch tragisch
gewesen, denn der Siegmund, Simon O’Neill, hat dermaßen gut gesungen, dass es
mir auch noch den letzten Rest meines Hirns weggepustet hat. Die Töne kamen ganz
sicher und offensichtlich aus jeder Faser seines Körpers und haben viel mehr
transportiert als den reinen Klang. Ich war und bin ernsthaft begeistert! Und
habe auch schon seinen Termin-Kalender studiert: leider singt er selten in
Reichweite.
Ein
weiteres „Leider“ muss man bezüglich der Sieglinde (Heidi Brunner) resümieren:
denn sie hat insgesamt nicht sonderlich geglänzt und neben Simon O’Neill wirkte
sie richtig farblos. Sie hat mir insgesamt zu schrill und mit viel zu wenig
Substanz gesungen sowie zudem noch den einen oder anderen Ton derb versemmelt
und/ oder verschluckt. Schade.
Der
Wotan wurde gestern Abend von Thomas J. Mayer gesungen, welcher für den
erkrankten Falk Struckmann eingesprungen ist. Diesen Besetzungswechsel gab es
auch schon 2008 zur A- und B-Premiere der Walküre, denn Herr Stuckmann war
damals ebenfalls gesundheitlich lädiert. Damals sang Herr Mayer die Premiere von
der Bühnenseite, während jemand anderes spielte (bin mir grad nicht mehr
sicher, ob es Herr Struckmann war oder ein Spielleiter, o.ä.). Zur B-Premiere,
in der ich damals war, hat er dann die Rolle sowohl gespielt als auch gesungen.
Dabei ist ihm eine äußerst charmante Panne unterlaufen:
Die
Walküren-Inszenierung von Claus Guth beginnt auf einer riesigen Architektenplatte
(die auch schon im Kleinformat im Rheingold Bestandteil der Regie war). Auf
dieser Platte lenkte Wotan das Geschehen und so auch die Tatsache, dass Siegmund
bei Sieglinde und Hunding (Peter Rose) einkehrte. In der Mitte der Platte
befand sich die Tür zum Heim der beiden. Im Laufe der Handlung drehte sich
diese Tür immer mal wieder, so dass die Figuren mal drinnen, mal draußen waren. Und
jetzt kommt der Kniff: während Sieglinde Siegmund von dem Schwert berichtete,
wurde ihre Erinnerung quasi nachgestellt und Wotan erschien, um Notung in die
Esche – hier der Türrahmen – zu rammen. Doch Herr Mayer war zur B-Premiere wohl
noch nicht ganz firm, was die Regie anging und fand offenbar den dafür
vorgesehenen Schlitz nicht, so dass er erst suchte und bohrte, bis er
schließlich aufgab und das Schwert an den Türrahmen lehnte. Da sich die Tür
aber im weiteren Verlauf immer weiter drehte, verrutsche es und
Sieglinde stellte es schließlich wieder aufrecht hin. Schlussendlich fasste sich
der Siegmund ein Herz und rammt das Schwert in den vorgesehenen Schlitz – um es
kurz darauf heldenhaft wieder herauszuziehen.
Diese
kleine Panne war damals Pausengespräch No. I, denn die meisten nahmen an, dass es
Bestandteil der Regie sei, dass Wotan nicht in der Lage war, das Schwert in die
Esche zu schlagen, während Siegmund es gleichzeitig rein- und rauszog. Ihr
könnt euch vorstellen, dass das zu diversen hanebüchenen Interpretationen
führte….. Gestern verlief die Nummer mit dem Schwert übrigens reibungslos.
Der
zweite Aufzug begann in Walhall. Wotan saß vor seiner Architektenplatte und an
der Wand lehnte das Weltenmodell aus dem Rheingold sowie eine Art Puppenhaus,
welches sich im dritten Aufzug als Walkürenfelsen entpuppt.
Herr
Mayer begann seine Partie leider ein wenig lasch. Ihm fehlte der nötige
donnernde Tiefgang für einen ordentlichen Wotan. Allerdings konnte er sich über
die Zeit steigern und den Schluss fand ich dann doch recht eindrucksvoll. Lilli
Paasikivi passte sowohl stimmlich, als auch darstellerisch gut in die Rolle der
Fricka und überredete Wotan, Siegmund zu töten bzw. nicht zu beschützen, äußerst
passgenau schnippisch. Catherine Foster finde ich die bessere Besetzung für die
Brünnhilde als Deborah Polaski, die sonst regelmäßig die Hamburger Brünnhilde
(bis auf die im Siegfried, dafür reicht ihre Stimme nicht) gesungen hat. Frau
Foster hätte zu Beginn des zweiten Aufzug allerdings etwas lauter singen können,
aber das hat sie im Laufe der Vorstellung korrigiert, so dass sie noch für
einige sehr eindrucksvolle Momente sorgen konnte.
Das
zweite Bild des zweiten Aufzugs – der Teil, in dem Brünnhilde Siegmund erst
töten und dann retten will. Wotan schließlich einschreitet und Siegmund den
Kampf mit Hunding verlieren lässt. Sowie Brünnhilde mit Sieglinde abhaut –
spielte unter der Architektenplatte, die immer mal wieder, passend zur Handlung,
flackert sowie der On-Off-Knopf mal an, mal aus war.
Der
letzte Aufzug begann wie immer mit dem Walkürenritt auf dem Walkürenfelsen.
Die Walküren leben in der Guth-Regie in einem Keller (zur Premiere war übrigens
grad das Thema Amstetten aktuell), welcher nur mit einer, oben gelagerten, Leiter betreten werden konnte. Dorthin flohen Brünnhilde und Sieglinde, um
Schutz zu suchen. Doch die Schwestern, die ihre Kleider falschrum trugen,
Kampfszenen probten und sich im nächsten Moment schreckhaft in ihren Hochbetten
versteckten, waren viel zu verängstigt, um sich dem Vater entgegen zu stellen
bzw. sich seinem Wunsch zu widersetzen.
So kam es, wie es kommen musste: Sieglinde konnte zwar fliehen, doch nur, weil
Brünnhilde sich dem Zorn Wotans stellte. Welcher sofort klar machte: „Was sonst
du warst, sagte dir Wotan: was jetzt du bist, das sage dir selbst! Wunschmaid
bist du nicht mehr; Walküre bist du gewesen: nun sei fortan, was so du noch
bist!“
Und
obwohl sie durch ihre Entscheidung Siegmund retten zu wollen, dem eigentlichen
Willen Wotans entsprochen hat, hat sie sich durch das Widersetzen seiner
Befehle quasi zu einer eigenen Identität emanzipiert. Das nun folgende Duett
mit Wotan, bestritt Brünnhilde somit mintunter auf Augenhöhe und stand mit
Wotan z.T. Rücken an Rücken. Dann folgte der Feuerzauber und bevor Brünnhilde
ihre Strafe empfing, blickte sie noch einmal ihrem Spiegelbild entgegen….
Diese
Stelle kann auch schon ein wenig als Ausblick auf den Siegfried gesehen werden,
in dem Claus Guth die Suche nach der eigenen Identität als Kernstück in seiner
Regie aufgreift und sowohl Spiegel als auch geschlossene, winzige, riesige, offene,
zerbrochene und milchige Fenster immer wieder Teil der Kulissen sind.
Die
musikalische Leitung hatte erneut Simone Young inne und sie hat solide durch den
Abend geführt.
Vom
Schlussapplaus kann ich leider nicht berichten, weil ich zeitgleich mit dem geschlossenen
Vorhang den Saal im Sprint verlassen habe, denn sonst hätte ich meinen Zug um
21.15h nicht bekommen und hätte mich zwischen einige eisige Stunden warten + teuren
IC oder einer 2-½-stündigen Bummelfahrt inklusive Schienenersatzverkehr entscheiden
müssen.
Freitag, 3. Februar 2012
La Traviata - Staatsoper Hamburg
Nach 37 Jahren und über 260 Vorstellungen hat es sich in Hamburg ausgetraviatert. Es wurde zwar schon geklebt, gekittet und geschraubt, aber die Kulissen der Inszenierung von Folke Abenius brechen unweigerlich auseinander. Viele Hamburger Opernfreunde trauern nun um diese klassisch schöne, in the Art of dahinschmelzing Produktion und auch ich wollte noch ein letztes Mal „Bye Bye“ sagen.
Leider gab es in der gestrigen Vorstellung jedoch einen wirklich bedauernswerten Alfredo-Ausfall: Massimi Giordano wurde durch Leonardo Capalbo ersetzt. Und mit ihm bin ich einfach nicht warm geworden. Seine Arien im zweiten Akt/ erstes Bild hat er zwar wirklich ordentlich gesungen, aber insgesamt fehlte mir da das Feuer - die Achs und Hachs. Zudem fand‘ ich sein Schauspiel mitunter wirklich extrem affektiert.
Dafür hat seine Partnerin Ailyn Pérez einiges an schönem Schmelz wieder rausgeholt. Sie hat die Rolle der Violetta gesanglich wie darstellerisch wunderschön, mitten ins Herz und mit genug bühnenechter Verzweiflung gesungen. Einfach genauso, wie man sich das vorstellt. Ebenso eindrucksvoll war Dalibor Jenis als Giorgio Germont, den ich zudem auch nicht zum ersten Mal in dieser Partie gesehen habe: stimmsicher und mit bestimmter versus gefühlsweicher Väterlichkeit hat er seine Rolle auf den Punkt interpretiert.
Die musikalische Leitung hatte der 29-jährige Alexander Soddy inne, welcher 2005 in Hamburg als Korrepetitor und bald darauf als 1. Assistent von Generalmusikdirektorin Simone Young begann, in der Saison 2008/09 mit der Zauberflöte seine erste Vorstellung im großen Haus dirigierte und seit der letzten Spielzeit an der Hamburgischen Staatsoper als Kapellmeister tätig ist.
Mir hat sein gestriges Dirigat sehr gut gefallen. Das Italienische liegt ihm irgendwie und er versteht es die Mischung aus leisem, zerbrechlich Schönen mit den ganz großen Emotionswellen zu vereinen.
Es gibt noch sechs Vorstellungen am 8.,9.,11.,14.,16. und 18. Februar in unterschiedlicher Besetzung:
Violetta: Ailyn Pérez (2.,8.)/ Inga Kalna (9., 11., 14., 16., 18.)
Alfredo: Massimo Giordano (2., 8., 14.)/ Francesco Meli (9., 11., 16., 18.)
Giorgio Germont: Dalibor Jenis (2., 8., 14.)/ George Petean (11.)/ James Rutherford (9., 16., 18.)
"Demnächst" (aus Journal - Magazin der Hamburgischen Staatsoper) wird es dann eine Neuproduktion der Traviata geben. Ich vermute, dass sich diese vage Formulierung in der nächsten Spielzeit, anlässlich des Verdi-Jahres, ansiedeln wird.....
Leider gab es in der gestrigen Vorstellung jedoch einen wirklich bedauernswerten Alfredo-Ausfall: Massimi Giordano wurde durch Leonardo Capalbo ersetzt. Und mit ihm bin ich einfach nicht warm geworden. Seine Arien im zweiten Akt/ erstes Bild hat er zwar wirklich ordentlich gesungen, aber insgesamt fehlte mir da das Feuer - die Achs und Hachs. Zudem fand‘ ich sein Schauspiel mitunter wirklich extrem affektiert.
Dafür hat seine Partnerin Ailyn Pérez einiges an schönem Schmelz wieder rausgeholt. Sie hat die Rolle der Violetta gesanglich wie darstellerisch wunderschön, mitten ins Herz und mit genug bühnenechter Verzweiflung gesungen. Einfach genauso, wie man sich das vorstellt. Ebenso eindrucksvoll war Dalibor Jenis als Giorgio Germont, den ich zudem auch nicht zum ersten Mal in dieser Partie gesehen habe: stimmsicher und mit bestimmter versus gefühlsweicher Väterlichkeit hat er seine Rolle auf den Punkt interpretiert.
Die musikalische Leitung hatte der 29-jährige Alexander Soddy inne, welcher 2005 in Hamburg als Korrepetitor und bald darauf als 1. Assistent von Generalmusikdirektorin Simone Young begann, in der Saison 2008/09 mit der Zauberflöte seine erste Vorstellung im großen Haus dirigierte und seit der letzten Spielzeit an der Hamburgischen Staatsoper als Kapellmeister tätig ist.
Mir hat sein gestriges Dirigat sehr gut gefallen. Das Italienische liegt ihm irgendwie und er versteht es die Mischung aus leisem, zerbrechlich Schönen mit den ganz großen Emotionswellen zu vereinen.
Es gibt noch sechs Vorstellungen am 8.,9.,11.,14.,16. und 18. Februar in unterschiedlicher Besetzung:
Violetta: Ailyn Pérez (2.,8.)/ Inga Kalna (9., 11., 14., 16., 18.)
Alfredo: Massimo Giordano (2., 8., 14.)/ Francesco Meli (9., 11., 16., 18.)
Giorgio Germont: Dalibor Jenis (2., 8., 14.)/ George Petean (11.)/ James Rutherford (9., 16., 18.)
"Demnächst" (aus Journal - Magazin der Hamburgischen Staatsoper) wird es dann eine Neuproduktion der Traviata geben. Ich vermute, dass sich diese vage Formulierung in der nächsten Spielzeit, anlässlich des Verdi-Jahres, ansiedeln wird.....
Mittwoch, 1. Februar 2012
Franz Grundhebers 2000ster
Heute Abend wird Franz Gundheber seine 2000. Hamburger Vorstellung singen! Er wird den Amonasro aus Verdis Aida interpretieren.
Der weltberühmte Bariton wurde am 27. September 1937 in Trier geboren und singt bis heute auf den größten Opernbühnen der Welt. Er hat mir Dirigenten wie Karajan, Barenboim oder Abbado zusammengearbeitet und kann auf zahlreiche Plattenaufnahmen zurückblicken. Seinen ersten Auftritt an der Hamburgischen Staatsoper hatte er am 27. Oktober 1966. Allein dort hat er die unglaubliche Zahl von 124 Rollen verkörpert! Und wer jetzt noch nicht genug rekordverdächtige Zahlen hat: im dritten Jahr der Intendanz von Rolf Liebermann sang er 162 Vorstellungen und lernte 30 verschiedene Rollen.
1976 wurde er zum österreichischen Kammersänger ernannt und 1986 zum Kammersänger der Stadt Hamburg. 1996 war er der erste Deutsche, der in der Arena von Verona den Amonasro sang und 1999 der erste Deutsche, der die Rolle des Rigoletto an der New Yorker Met interpretierte. Im Jahre 2002 wurde er von Publikum und Kritikern für seinen Auftritt bei den Salzburger Festspielen gefeiert. Denn als erster Sänger überhaupt gelang es ihm in „Die Liebe der Danae“ (Richard Strauss) in den Originaltönen zu singen. Am 27. Oktober 2006 wurde er anlässlich seines 40-jährigen Bühnenjubiläums zum Ehrenmitglied der Hamburgischen Staatsoper ernannt. Zu diesem Zeitpunkt verkörperte er weltweit bereits 160 Rollen in etwa 6000 Vorstellungen.
Der weltberühmte Bariton wurde am 27. September 1937 in Trier geboren und singt bis heute auf den größten Opernbühnen der Welt. Er hat mir Dirigenten wie Karajan, Barenboim oder Abbado zusammengearbeitet und kann auf zahlreiche Plattenaufnahmen zurückblicken. Seinen ersten Auftritt an der Hamburgischen Staatsoper hatte er am 27. Oktober 1966. Allein dort hat er die unglaubliche Zahl von 124 Rollen verkörpert! Und wer jetzt noch nicht genug rekordverdächtige Zahlen hat: im dritten Jahr der Intendanz von Rolf Liebermann sang er 162 Vorstellungen und lernte 30 verschiedene Rollen.
1976 wurde er zum österreichischen Kammersänger ernannt und 1986 zum Kammersänger der Stadt Hamburg. 1996 war er der erste Deutsche, der in der Arena von Verona den Amonasro sang und 1999 der erste Deutsche, der die Rolle des Rigoletto an der New Yorker Met interpretierte. Im Jahre 2002 wurde er von Publikum und Kritikern für seinen Auftritt bei den Salzburger Festspielen gefeiert. Denn als erster Sänger überhaupt gelang es ihm in „Die Liebe der Danae“ (Richard Strauss) in den Originaltönen zu singen. Am 27. Oktober 2006 wurde er anlässlich seines 40-jährigen Bühnenjubiläums zum Ehrenmitglied der Hamburgischen Staatsoper ernannt. Zu diesem Zeitpunkt verkörperte er weltweit bereits 160 Rollen in etwa 6000 Vorstellungen.
Quellen:
SWR: Franz Grundheber. http://www.swr.de/100-groessten-rheinland-pfaelzer/kandidaten/-/id=2616472/nid=2616472/did=2465712/1al9qfi/index.html(abgerufen am 01.02.2012).
Hamburger Abendblatt: Franz Grundheber: Ein Leben für die Stimme. http://www.abendblatt.de/kultur-live/article2175736/Franz-Grundheber-Ein-Leben-fuer-die-Stimme.html(abgerufen am 01.02.2012).
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