Montag, 10. Januar 2011

Parsifal - Hamburgische Staatsoper

©Sarah-Maria
Gestern gab’s eine ausverkaufte Wiederaufnahme des Parsifal in der Oper Hamburg. Es war die nur 28. Vorstellung seit der Premiere 1991 – und ehrlich gesagt kann ich’s verstehen, warum diese Produktion so selten gespielt wird….

Aber fangen wir mal mit dem Positiven an: die Besetzung! Zugpferd und Sänger-Star des Abends war sicherlich Klaus Florian Vogt als Parsifal. Manchen mag seine Stimme nicht gefallen -  mir aber schon und dies tat sie auch gestern Abend. Angela Denoke hat, seit ich sie in Berlin als Salome in der Lindenoper gesehen habe, bei mir eh nen Stein im Brett und auch Wolfgang Koch als Amfortas, Wilhelm Schwinghammer als Titurel, Peter Rose als Gurnemanz, Antonio Yang als Klingsor und Simone Young mit ihren Philharmoniker waren echt bei der Sache. Doch insgesamt war der Applaus jetzt nicht sonderlich überschwänglich – eher so was wie dankbar. Einige ausgewählte Bravi, keine Buhs.

Und nun zur Inszenierung (Robert Wilson): sie war von der Idee her ja eigentlich nicht soooo schlecht und es gab auch einige recht ästhetische Standbilder, aber das Ganze hat sich schnell abgenudelt und insgesamt hat mich das Bühnenbild irgendwann tödlich gelangweilt. Zudem waren neben diversen inszenierungsimmanenten Moves der Sänger einige Elemente echt ungewollt komisch: allen voran der überdimensionierte Salzkristall aus dem nächstbesten Eso-Laden im ersten Akt und dem Chor in schwarzen Ganzkörper-Kondomen mit Zipfel im dritten Akt: die waren echt drollig, weil sie durch ihre Sichtfenster kaum etwas sehen konnten und so tapernd ineinander gebounced sind. Und nicht zu vergessen: Graf Draculas Kostümierung hat auch einen neuen Besitzer gefunden!

Fazit: allein weil der Parsifal so selten aufgeführt wird und wegen der Besetzung, lohnt sich der Weg nach Hamburg. Aber einmal langt dann auch…..

10 Kommentare:

  1. Hmpf, ich will auch mal wieder in die Oper. Aber das derzeitige Programm hier in Nürnberg reizt mich irgendwie nur milde bis überhaupt nicht... :/

    AntwortenLöschen
  2. Ich hab da eigentlich eher das Problem, dass ich zu viel sehen will - aber keine Zeit habe ..... Es wäre kaum eine Übertreibung, wenn ich morgen meinen Zweitwohnsitz in der Hamburger Oper anmelde..... ;)

    AntwortenLöschen
  3. Ha! Pompe e grandezze non han poter sul generoso core! ;))

    AntwortenLöschen
  4. Na ja, ein Kondomchor und Esokristalle - das wäre für mich ein mehr als gefühlsechter Felsengrund, Sänger hin, Sänger her, auf einen Opernbesuch zu verzichten und mir mit dem gesparten Geld was wirklich Gutes zu gönnen.

    Sie scheinen mir ein bißchen arg unkritisch, Sarah-Maria, wenn ich das fragend anmerken darf und lassen sich bereitwillig jeden Dreck vorsetzen, wenn er nur als köstliche Speise deklariert ist...

    AntwortenLöschen
  5. Es mag ein echtes Handicap sein, aber bisher haben meine hellseherischen Kompetenzen zu wünschen übrig gelassen. Aber, wer weiß, am Ende war der Esokristall ein Wink mit dem Zaunpfahl ihn in Zukunft vor jedem Opernbesuch zu befragen….. ;)

    AntwortenLöschen
  6. Robert Wilson ist ja noch einer der "erträglichen" modernen Regisseure, wenn auch auf Dauer etwas eintönig, was bei einer so langen Oper wie Parsifal natürlich verstärkt durchkommt.

    Hellseherische Fähigkeiten hab ich leider auch nicht, aber ich kann lesen :)
    Und hab mir schon lange angewöhnt, nicht mehr blindlings Opernkarten zu kaufen, vorzubestellen, ohne mich über den Herrn Regisseur zu informieren.
    Und meist geht's mir dann wie Herrn oder Frau Kater - ich verzichte und gönn mir für das Geld was Gutes.

    Nur die Sänger, die verstehe ich wirklich nicht. Ich mußte gerade an eine Carmen in Covent Garden denken mit unser aller Liebling Jonas Kaufmann.
    Die amerikanische Regisseurin sagte - warum soll das langweilig sein, wenn es so inszeniert wird wie es im Libretto steht?
    Und es *war* auch keine Sekunde langweilig, geschweige denn kitschig.

    Derselbe Jonas Kaufmann macht jetzt in München im Fidelio den Quatsch mit, den Bieito sich ausgedacht hat, wo die Sänger in einem labyrinthartigen Gestänge herumklettern müssen, ob sie unter diesen Umständen noch singen können - schnurzpiepegal.
    Sänger sind Nebensache, Regisseure spielen die Hauptrollen heutzutage. Leider.
    Und lassen Marzelline tausende von Thunfischbüchsen öffnen oder den Chor Fotos von Florestan fressen.

    Ach nein, danke. Da kauf mich mir, wie gesagt, lieber was anderes für mein Geld als eine Opernkarte.

    AntwortenLöschen
  7. Ich würde niemals darauf verzichten wollen in die Oper zu gehen, weil ich dort eventuell mit einer nicht meinem Geschmack entsprechenden Inszenierung konfrontiert werden könnte…. und man muss sich ja jetzt auch nicht grad in die erste Kategorie buchen. Die meisten Häuser bieten ja schon echt gute Plätze ab 10 oder 20 EUR. Zudem komme ich in den Genuss von günstigen Studentenkarten, die zwar meist voraussetzen, dass es noch Restkarten gibt, aber da die Opernhäuser in der Regel nicht ausverkauft sind, ist das kein Problem. Und da kann man, denke ich, schon mal was riskieren…. ;)

    Für mich kann ein gelungener Opernabend auch nur aus den Sängern bestehen. Dann mach ich halt die Augen zu oder wie im Fall der Wilson-Parsifal-Inszenierung hat die jetzt auch nicht sonderlich gestört. Im Gegenteil passagenweise hatte die was konzertantes. Und bei der Besetzung (ich weiß bei Vogt scheiden sich die Geister), kann man fünf Euro pro Akt echt ohne zu zögern hinblättern. Live klingt die Musik eben doch noch eine ganze Ecke anders, als von der CD. Aber klar habe ich es lieber, wenn das Gesamtkunstwerk stimmt und es auch noch eine tolle Inszenierung gibt. Dabei spielt bei mir aber nicht primär eine Rolle, ob modern oder klassisch inszeniert: gut muss es sein.

    Aber zugegeben, schlägt mein Herz eigentlich für’s Regietheater…..Leider ist das erfahrungsgemäß auch die Form der Inszenierung, die am schnellsten in die Hose gehen kann. Siehe z.B. Neuenfels: meiner Meinung nach blättert der so lange im Libretto, bis er irgendwas gefunden hat, was er sexualisieren kann und reitet dann so lange darauf rum, bis es auch der letzte Depp kapiert hat. Dabei hat er ja mit seiner Erkenntnis nicht unbedingt Unrecht, aber übersieht so einfach alle anderen Aspekte und Facetten in dem Stück. Da ist man mit einer klassischen Inszenierung zumeist auf der sicheren Seite: sie stören eigentlich nicht sonderlich und können halt höchstens mal langweilig werden, aber sich in der Regel nicht vollkommen irren – es sei denn natürlich der Regisseur hat gepennt und statt einem Tannhäuser eine Boheme auf die Bühne gebracht. ;)

    ....

    AntwortenLöschen
  8. II. Teil (Post war zu lang...)

    Eine wirklich gute (Neu-)Interpretation kann mich aber mindestens genauso fesseln, wie die Musik! Und erfahrungsgemäß bringen mich da die Kritiken in den Zeitungen nicht wirklich weiter – zumal die sich selten einig sind. Man muss halt bestimmte Sachen erst ausprobieren, bevor man weiß, ob sie einem gefallen – manchmal sogar mehrmals: Die Traviata von Mussbach in der Lindenoper fand ich z.B. beim ersten Mal furchtbar, aber beim zweiten Mal echt mehr als gelungen. (Ein weiteres Mal bin ich damals nur wegen Ermonela Jaho als Violetta gegangen.) Und damit, dass ich die Freyer-Zauberflöte in Hamburg mag, steh ich vermutlich so ziemlich alleine da. Aber auch gerade in kleineren Häusern erlebt man häufig echte Überraschungen (positive wie negative). Ich hab z.B. mal einen unglaublichen Eugen Onegin in Braunschweig gesehen, der nun definitiv in die Top 10 meiner liebsten Inszenierungen aufgenommen ist. Regie: Silviu Purcarete und vorher nie gehört. Aber klar gibt es auch namenhafte Regisseure, die man entweder grundsätzlich mag – oder eben auch halt nicht…. Ich liebe z.B. den neuen – eher psychologisch orientierten - Claus Guth Ring in Hamburg. Er hat ein Konzept verwirklicht, das sich schnell für jeden – auch Wagner Neuling – erschließt, aber man kann auch noch beim fünften Besuch einen neuen Aspekt entdecken. Nachdem ich den Siegfried in der Generalprobe gesehen habe, war ich noch Tage später hin und weg. Na ja gut, Cosi und Don Giovanni von ihm in Salzburg waren phasenweise etwas platt, aber z.B. sein Barbiere in Leipzig ist definitiv die lustigste und pointierteste Inszenierung, die ich je gesehen habe.

    Ansonsten sind es Namen wie: Götz Friedrich (er hat einfach einen begnadeten Blick für Räumlichkeit und Personenregie. Ich steh auf seine sanften Interpretationen: er interpretiert ohne etwas vorzuschreiben), Harry Kupfer (seine Chowantschina in HH ist genial! Aber auch der Tristan in Berlin ist toll), Peter Konwitschny und Stefan Herheim mit denen ich meist Positives verbinde. Aber eine Garantie hat man nie, dass ein Regisseur immer Inszenierungen auf die Bühne bringt, die einem gefallen! Wie im Fall von z.B. Barrie Kosky, den ich nachdem ich seine Iphigenie in der Komischen Oper Berlin gesehen habe, in den höchsten Tönen gelobt habe. Und als ich schließlich seinen völlig verblödeten Rigoletto (ebenfalls dort) gesehen habe, ein Gang zurückgeschaltet habe. Ich hab dann noch zwei Anläufe in Hannover gestartet: ein nach Effekten geiferndes Rheingold und eine völlig platt gebügelte Walküre. Aber vermutlich werde ich mir den Rest vom Ring auch noch reinziehen. Mhm, vielleicht bin ich wirklich zu unkritisch? Aber ich bin dann halt meist doch irgendwie neugierig (nicht nur auf die Inszenierung, sondern auch auf die Sänger, die ich ja meist schon aus anderen Produktionen kenne) und im Fall von Hannover denke ich mir dann: ach 9,50 EUR für fünf Stunden Musik, also drei Euro und ein Bisschen für einen Akt – Inszenierung hin oder her: das ist echt okay. ;)

    AntwortenLöschen
  9. Ich war am Montag in der Hamburgischen Staatsoper zu "Parsifal". Alles in allem deckt sich der dargestellte Eindruck mit meinem.
    Bei dem Bühnenbild muss man wohl einen Hang zum Minimalistischen haben. Uninteressant war es dennoch nicht. Gerade zum Schluss die Feuerstelle innerhalb des Grals fand ich interessant.
    Die gesangliche Leistung war sehr gut, sodass man sich mal über "Den Ring" 2012 in Hamburg Gedanken machen könnte!

    AntwortenLöschen
  10. Ich muss aber sagen, dass mir die Inszenierung von Robert Wilson sehr sehr sehr gut gefällt! Ich glaube es passt zu der Oper ganz gut. Dieses Jahr bin ich schon einmal hingegangen, und am 6. werde ich noch mal hingehen ^^ Leider bin ich am 22. nicht da, sonst würde ich noch mal hin... xD Aber ich möchte nur sagen, dass die Inszenierung mich gar nicht langweilt, sondern mich aufregt ^^

    AntwortenLöschen

Ich freue mich immer über Kommentare, Kritik, Empfehlungen, Meinungen, Diskussionen, ... - also hau' in die Tasten! :D

Und kleiner Tipp falls du nicht bei blogger, etc. angemeldet bist: einfach den Kommentar eintippen und dann die Funktion „Name/URL“. anklicken. Dann den Namen bzw. Nickname eingeben und abschicken. Eine Webadresse kann, muss aber nicht angeben werden. Denn es lässt sich angenehmer diskutieren, wenn maximal eine Person "Anonym" ist..... ;)

P.S.: ....und hier wird gnadenlos geduzt :D