Viele
von euch mussten gestern Abend sicherlich eine Entscheidung zwischen Fußball
und Oper treffen – nur ich nicht, denn ich gucke nie Fußball und daher gab’s da
auch nix zu entscheiden. Gut, wir haben in der Opern-Pause einmal kurz
reingeschaltet, aber nur um den Auftritt von Jonas Kaufmann und David Garrett zu
sehen. Doch das war irgendwie Zeitverschwendung, denn der Moderator hat die ganze
Zeit dazwischengequatscht und man konnte fast nix vom Auftritt hören oder wenigstens sehen.
Egal.
Ich fand‘ mich mit der Oper ohnehin besser bedient! Und der Stream aus München
funktionierte, bis auf ein oder zwei kleine Hänger, auch einwandfrei. Besonders
positiv überrascht war ich darüber, dass es nun zum ersten Mal auch Untertitel
gab. Das hat zwar mein zuvoriges Libretto-Überfliegen überflüssig gemacht, aber
so war ich wenigstens gut vorbereitet. Denn es ist schon eine Weile her, dass
ich die Oper gesehen habe. Um genau zu sein war es im April 2009 in London.
Damals auch mit Anna Netrebko aber Elina Garanca statt Vesselina Kasarova als
Romeo.
Das
gestrige Stream-Erlebnis kam sicherlich nicht einmal ansatzweise an der
Erlebnis einer Aufführung im Opernhaus heran, jedoch hatte es durchaus was für
sich die Oper draußen bei gutem Wetter zu genießen - und das obwohl meine PC-Boxen nicht
gerade in der Oberliga spielen. Es war einfach ein Genuss den beiden Hauptdarstellerinnen
Anna Netrebko und Vesselina Kasarova zuzuhören. Dass dort zwei absolute Topstars
allerfeinsten Belcanto trällerten war wirklich nicht schwer zu erkennen. Und dies sage ich,
obwohl ich mir vorher angesichts <Netrebkos fadenscheiniger Don Giovanni-Absage>
vorgenommen hatte, mir jeden noch so kleinsten Patzer bockig zu notieren. Doch,
ach: mein Gram war mir einfach irgendwann zuwider und ich wollte einfach nur
die Oper genießen.
Jedoch
empfand ich ihre Kostüme als Zumutung – insbesondere für Frau Netrebko selbst.
Und zwar nicht in ihrem eigentlichen Design, denn Modemacher Christian Lacriox hat
zwei wirklich wunderschöne Kleider entworfen. Allerdings schienen diese, wie das
mit Haut Couture nunmal so ist, eher auf Frauen, die 1,80m groß und dabei 50 kg
schwer sind, zugeschnitten zu sein. Und da Frau Netrebko zwar eine wirklich schöne Frau ist, jedoch weder das eine noch
das andere erfüllt und zu allem Überfluss auch noch ohne Pumps, sprich barfuß,
auftrat, sahen die Kleider an ihr leider völlig unpassend aus. Okay, als Frau
mit eigenen Eitelkeiten trifft einen so ein Fauxpas vielleicht besonders hart
und andere sind da vielleicht weniger pingelig, aber ich konnte stellenweise
kaum hingucken und fühlte mich leider sogar äußerst hartnäckig an ein Daisy-Duck-Kostüm
erinnert.
Insgesamt war die Inszenierung von Vincent Boussard jetzt zwar nicht gerade von ausufernd
genialen Einfällen durchzogen und vermutlich wirkt das minimalistisch
fatalistische Bühnenbild (Vincent Lemaire) um einiges eindruckvoller, wenn man
es im Zuschauerraum auf sich wirken lassen würde, aber mir hat alles insgesamt ganz gut
gefallen. Manchmal sind solche Inszenierungen, in denen der Fokus auf der
Interaktion zwischen den Personen liegt, eben nicht das Schlechteste –
insbesondere dann nicht, wenn man eine solche Starbesetzung, wie am gestrigen
Abend, auffährt.
Wirklich
schön fand ich die Szene, in der Romeo Giuliettas Hand ein letztes Mal vor
ihrem gemeinsamen Tod ergreifen wollte und dabei ein Bild entstand, das stark an Michelangelos
Hände in „Die Erschaffung Adams“ erinnerte. Passend dazu traten die beiden auch im
Tod ihren gemeinsamen Weg in eine „neue Welt“ an.
Neben
Frau Kasarova und Netrebko standen noch Dimitri Pittas als Tebaldo mit einer
wunderschönen hellen und ausgefeilten Tenorstimme, Ante Jerkunica als Capellio
und Paul Gay als Lorenzo auf der Bühne. Im Orchestergraben hatte Yves Abel das
Zepter in der Hand und dirigierte einen klangschönen, zartschmelzenden Bellini.
Alles
in allem ein wunderbarer Abend und auch wenn man sich mitunter
sehnsüchtig gewünscht hat, nicht vor’m PC, sondern im Publikum zu sitzen, werde
ich mir den nächsten Münchener Livestream-Termin rot im Kalender anstreichen und ihn auch
wieder hier im Blog bekannt geben.
Hat
es sonst noch jemand von euch gesehen? Und wie hat es euch gefallen?
Und hier noch der Backstage-Clip, der auch schon während der Pause lief:
Und hier noch der Backstage-Clip, der auch schon während der Pause lief:
Ich bekenne freimütig, dem Fußball anheim gefallen zu sein.
AntwortenLöschenSelbst als Nicht-Bayern-Fan habe ich mit den Bayern gelitten. ME hätten sie es angesichts der defensiven Spielweise von Chelsea verdient. Tja, die eine Hälfte von Bayern hat heute getrauert und die andere war zu betrunken um zu trauern ...
@ topic
Sehe ich das richtig, dass du die Oper draußen bei voller Lautstärke genossen hast - was sagen da deine Nachbarn? ;-) Muss ich auch mal versuchen, die Polizei dürfte dann pünktlich zum Ende des ersten Akts kommen.
lg Mathias
Och, so lange ich das nicht ständig mache, sollte das kein Problem sein. Und gestern ist es wohl auch so gut wie gar nicht aufgefallen, da ca. 80% meiner Nachbarn ebenfalls draußen geguckt haben - nur halt Fußball. Ich hab' da also quasi nur für ein bisserl Hintergrundmusik gesorgt.... ;)
LöschenWie komme ich auf diesen Live-Stream??? Eigentlich hätte ich für diese Vorstellung einen Firmerabatt erhalten - aber auch mit Preisreduzierung war mir der Eintritt leider zu teuer :-(. Um die Netrebko zu sehen muss ich noch ein wenig sparen *heul*.
AntwortenLöschenLiebe Grüße
Gisela
xox
Hey Gisela, leider konnte man das "nur" als Liveübertragung - also am Samstag-Abend ansehen. Hab' auch grad mal geschaut, ob es vielleicht irgendwo im Channel der bayrischen Staatsoper auf youtube gelandet ist, aber da konnte ich nur den Trailer und das Backstage-Video finden. Sorry.
LöschenAber ich poste hier den nächsten Livestream-Termin, sobald ihn München bekannt gibt. Ist dann zwar aller Wahrscheinlichkeit nach nicht wieder Bellini und auch nicht mit Anna Netrebko, aber es gibt ja viele wundervolle (oftmals auch längst nicht so teure) Opernaufführungen.... ;)
Oh ja unbedingt nächstes Mal posten!!! ;-) Danke dir! Vielleicht trifft man sich ja auch mal live in der Oper!! :-)
AntwortenLöschenSobald der Termin steht, poste ich es. Für diesen Stream haben sie es gut zwei Wochen vorher bekannt gegeben und ich hab's direkt am 2.5. gebloggt, vielleicht ist das einfach über die Zeit untergegangen. Ansonsten kannst du aber auch einfach die FB-Seite der Bayrischen Staatsoper liken, dort posten die das auch nochmal kurz vorher, damit es auch ja niemand vergisst.... ;)
LöschenUnd jaaaaa! Das wär' schön, wenn wir uns mal in live in der Oper über den Weg laufen würden. Leider ist München so weit weg von hier, sonst würde ich da sicherlich Dauergast sein. ;)
Ja ich habe den Live-Stream natürlich auch gesehen, obwohl ich genau diese Inszenierung von I Capuleti e i Montecchi vor nicht allzulanger Zeit schon "richtig live" gesehen hatte, konnte ich mir Netrebko und Kasarova natürlich trotzdem nicht entgehen lassen. Ich finde zwar, dass der Romeo und Julia-Stoff ein wenig zu oft vertont/dramatisiert/verarbeitet wurde in der Musik-/Literaturgeschichte, trotzdem mag ich ihn immer wieder gern.
AntwortenLöschenUnd ich finde das Live-Stream-Angebot wirklich sehr toll, funktioniert jetzt auch immer besser - und die Untertitel hat lustigerweise ein Freund von mir geklickt ;-)
Sag, weißt du zufällig an (bzw. von) welchen Opern es außer der Bayr. Staatsoper noch Livestreams gibt?
xxx Anita
Untertitel klicken ist ja eine nicht zu unterschätzende Tätigkeit! Ich weiß ja nicht, wie das bei euch in München ist, aber in Hamburg sitzt man dafür in einem kleinen Kabuff und kann nicht auf die Bühne gucken, sondern hört nur über Lautsprecher, was gerade auf der Bühne los ist. Vor sich hat man dann die Klavier-Partitur liegen und muss dann halt zusehen, dass man an der richtigen Stelle weiterklickt. .... Also, ich könnt's nicht.... ;)
LöschenUnd oben in der Navigationsleiste habe ich eine Rubrik "Opern Livestreams" angefangen. Ist vielleicht, sicherlich (noch) nicht vollständig - aber ich geb' mir Mühe das weiter auszubauen. ;)
Schade, das habe ich nicht gewußt, hätte ich mir auch gerne angesehen.
AntwortenLöschenMein Mann hat im Wohnzimmer Fußball geguckt, und ich bin ins Büro an den PC abgedampft, da hätte ich doch gut am PC die Oper anschauen können.
Hab mir den Trailer sowie den zweiten Film auf der Webseite mal angesehen.
Eine solche Aufführung reicht nicht an die Aufführung in einem Opernhaus heran, das ist ja bei der Digital Concert Hall der Berliner ebenso.
Aber wenn man sonst keine Gelegenheit hat das Konzert oder die Oper zu erleben, ist es doch ein kleiner Ersatz.
LG
Agnes
Mhm, es war wirklich eine gute Fußball-Alternative. Ich glaube, ich pack' den Termin einfach nächstes Mal oben irgendwo auf's Blog, dann könnt' ihr's nicht übersehen und verpassen..... ;)
LöschenSehe ich auch so. Ich habe auch die ganze Pause lang nicht verstanden, wie der Designer darüber quatschen kann, dass das Kleid so wunderbar zu Anna Netrebko passt. Ich habe mich gefragt, ob der keine Augen im Kopf hat.
AntwortenLöschenMir scheint da Eri Nakamura nicht nur stimmlich, sondern auch optisch eine gute Alternative zu sein.