Zu
der heutigen Hamburger Premiere der „Ariadne auf Naxos“ ist vor allem eins zu
sagen: BRAVO! Und genau das hat das Publikum auch getan! Bis auf Einen – aber zu
dem komme ich später noch.
Musikalisch
war es wirklich großartig! Die Ariadne wurde wunderschön von Anne Schwanewilms
gesungen. Sie sang sehr intensiv und ganz besonders im großen Finale mit Johan
Botha als Bacchus legte sie unglaublich viele Emotionen in ihre Interpretation.
Johan Botha sang, wie nicht anders zu erwarten, mit einem unglaublichen Volumen
und jeder Menge Samt. Allein wegen dieser Schluss-Szene lohnte sich der Abend!
Insbesondere auch deswegen, weil dort die, sowieso schon sehr gute Inszenierung
von Christian Stückl, ihren ästhetischen Höhepunkt fand: Bacchus kam auf einem
riesigen roten Schiff mit einem eindrucksvollen Sternenhimmel im Hintergrund auf
die Bühne - und brach damit auch durch die Oper in die Oper. Sämtliche Fragen
in Richtung, was gehört nun zum Theater und was nicht, wurden hinfällig und es
gab nur noch diese EINE Szene. Man konnte gar nicht anders, als sich dem einfach
nur vollkommen hinzugeben.
Hayoung
Lee (die sich früher immer und überall „Ha Young Lee“ schrieb – was ist
passiert? Und warum?) spielte und sang großartig – auch wenn sie wohl nicht
meine Lieblings-Zerbinetta werden wird! Und sie erntete am
Schluss großen Applaus – und auch den einzigen Zwischenapplaus. Warum der aber,
vermutlich, nicht nur ihr galt, hat etwas mit dem schon erwähnten ominösen Einen
zu tun – und auch dazu komme ich später noch. Ja, ja, es wird immer
geheimnisvoller. ;) Zerbinettas vier Liebhaber sangen und spielten Viktor Rud, Chris
Lysack, Adrian Sâmpetrean und Jun-Sang Han toll! An dieser Stelle sei auch in
Bezug auf die komplette Besetzung gesagt, dass ihre Spielfreude echt ansteckend
war!
Den
Musiklehrer sang Franz Grundheber – und auch wenn die Rolle sehr klein ist,
merkte man, was für ein <großartiger Sänger> er ist! Cristina Damian als
Komponist war auch sehr gut, aber ich fand‘ sie am Anfang oftmals
ein wenig zu hektisch in ihrer Stimmführung. Die Töne waren mir persönlich
manchmal einfach ein wenig zu kurzatmig und schrill. Jürgen Sacher als
Tanzmeister, Thomas Florio als Perückenmacher, Levente Páll als Haushofmeister
vervollständigten das gesamt-positive Bild. Und definitiv toll waren die drei Nymphen
Katerina Tretyakova, Rebecca Jo Leob und Gabriele Rossmanith. Sie traten in der
Regie als Opernpublikum auf und sorgten durch eine durchdachte Personenregie
durchaus für Lacher!
Die
Inszenierung von Christian Stückl war ganz großes Tennis! Die bestechende Komik
der Ariadne, die im Libretto in Passagen, wie „KOMPONIST: Ariadne auf
Naxos, Herr. Sie ist das Sinnbild der menschlichen Einsamkeit TANZMEISTER: Eben
darum braucht sie Gesellschaft!“ steckt, hat Stückl punktgenau ausgemacht und
auf die Bühne gebracht: Der Komponist z.B. trug einen Anzug mit einem weißen
Schal und die Ariadne mimte die von Natur aus leidende Operndiva, während die
Zerbinatta mit ihren vier Liebhabern in Jogginganzügen den Szenerie betrat –
und die Herrschaften Künstler sich allein davon provoziert sahen. Diese
beiden völlig konträren Welten wurden von Richard Strauss musikalisch sehr klar
charakterisiert und dies wusste Stückl in seiner Personenregie gekonnt zu
nutzen. Den Witz, der schon da war, brachte er direkt auf die Bühne. Und solange der Trailer noch nicht online istt, kann man hier ein paar Eindrücke sammeln:
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Das Konzept sah vor, dass es von Anbeginn eine Bühne auf eine Bühne gab, um die rundherum Publikumsplätze waren. Das besondere Special dabei war, dass nach der Pause 20
Zuschauer aus dem Publikum auf der Bühne platznehmen durften. Die „Bühnentickets“
erhält man übrigens auf Nachfrage beim Kartenkauf an der Theaterkasse. Und so ein Zuschauerplatz auf der Bühne ist durchaus ein Erlebnis. Denn auch
wenn ich heute Abend im Zuschauerraum saß, durfte ich während einer Probe auf
der Bühne sitzen und kann so aus beiden Perspektiven berichten:
Auf
der Bühne bekommt man hautnah die Auf- und Abgänge der Sänger mit und kann
zudem auch die Arbeit hinter den Kulissen ein wenig verfolgen. Will sagen: dort
wird durchaus der eine oder andere Satz gesprochen. Doch das hat schon
seinen Reiz – auch wenn es den szenischen und musikalischen Gesamteindruck
reduziert – denn wann bekommt man schon mal die Chance so nah hinter die
Kulissen zu blicken.
Weiter
ist es so, dass man die Musik dort auf der Bühne ganz anders hört: man hört
hauptsächlich die Sänger - vorausgesetzt sie stehen nicht gerade komplett vorne
und mit dem Rücken zu einem: was zum Glück beim Auftritt von Johan Botha als
Bacchus ganz und gar nicht der Fall und somit ein ganz spezielles Highlight
war. Seine Stimme hautnah und nur einige Meter von mir entfernt zu hören, war definitiv
grandios. Doch, trotzdem, war die Oper im Zuschauerraum um ein vielfaches
eindrucksvoller! Denn vieles von der Musik und der Regie (u.a. der unglaublich
schöne Sternenhimmel) entfaltet auf den Bühnenplätzen einfach nicht seine volle
Wirkung....
Und nun kommen wir zu diesem Einen:
Denn
jener hatte einen fast schon tragisch blamablen Auftritt. Er fand Frau Young offenbar
so furchtbar, dass er sich dazu im Recht sah, seine Meinung zu einem
Bestandteil der Vorstellung zu machen und nach der Pause, just vor Beginn von Frau
Youngs Dirigat, ein lautes und deutliches „Aufhören“ vom Rang hinunter rief - woraufhin er ausgebuht wurde. Kann allerdings auch sein, dass ihm einige im
Herdentrieb zugestimmt haben - das ist schwer zu sagen, wem nun was galt und wieso. Jedenfalls gab’s dann eine Runde Bravi für Frau Young. Doch das hat diesen einen nicht davon
abbringen lassen, sich weiter wie der letzte Depp aufzuführen und als es endlich
still im Saal war, rief er erneut und diesmal doppelt und dreifach: Aufhören,
aufhören, aufhören ….. Peinlich, peinlich, peinlich – sollte man sich dazu nur
denken – und es damit belassen. Denn die Fronten waren klar: Er war einer gegen
alle – oder zumindest gegen die allermeisten. An dieser Stelle sollte man sich noch mal vor Augen halten, dass die Hamburgische Staatsoper 1690 Plätze hat!.... Darauf gab’s dann jedoch Rufe
in seine Richtung vom Publikum, er solle Ruhe geben – und noch andere, ähm, sagen wir mal "Sachen". Doch
er rief immer wieder „Aufhören“ und wollte offenbar partout das letzte Wort haben….
Wir hier im Internet sagen ja dazu: Don’t feed the Troll. Und wer jetzt nicht
weiß, was das nun wieder ist, der findet bei <Wikipedia> eine Antwort und wer
weiterführende Infos zum Umgang mit Trollen möchte, kann sich diesen sehr
unterhaltsamen <Vortrag anhören> (das mit den Trollen beginnt aber eigentlich erst so richtig ;) ab Minute 13:00 - sollte man sich komplett anschauen). Und wie das mit Trollen nunmal so ist, sind ihre Aktionen oftmals nicht wirklich logisch. Zumindest in diesem Fall dann nicht, wenn ihn keiner am Stuhl festgebunden hatte und er sich durch verzweifelte Rufe „Aufhören,
aufhören“ aus dieser Zwangslage befreien wollte. Denn wenn's für ihn wirklich so eine Qual gewesen wäre, hätte er doch einfach in der Pause gehen können....
Nun ja: letztlich ging's dann irgendwann weiter – und, ach, irgendwie merkte man die Verunsicherung auf der Bühne. Das war wirklich traurig und der eigentliche Grund, warum ich dieser Sache hier so viel Raum gebe. Denn auch wenn jedem der Künstler dort vermutlich bewusst war, dass das nur einer im Gegensatz zu vielen war, blieb ein bitterer Beigeschmack. Von den Auswirkungen solcher Angriffe kann sich wohl niemand ganz frei machen. Und genau das ist das eigentlich asoziale an so einem Verhalten: Denn wenn's einem wirklich so gar nicht gefällt, ist das zwar schade für den einzelnen, aber wirklich kein Grund allen anderen den Abend zu ruinieren.
Nun ja: letztlich ging's dann irgendwann weiter – und, ach, irgendwie merkte man die Verunsicherung auf der Bühne. Das war wirklich traurig und der eigentliche Grund, warum ich dieser Sache hier so viel Raum gebe. Denn auch wenn jedem der Künstler dort vermutlich bewusst war, dass das nur einer im Gegensatz zu vielen war, blieb ein bitterer Beigeschmack. Von den Auswirkungen solcher Angriffe kann sich wohl niemand ganz frei machen. Und genau das ist das eigentlich asoziale an so einem Verhalten: Denn wenn's einem wirklich so gar nicht gefällt, ist das zwar schade für den einzelnen, aber wirklich kein Grund allen anderen den Abend zu ruinieren.
Zum Glück fanden alle aber bald wieder zu ihrem Faden. Und nach Zerbinettas Arie gab es großen Applaus. In diesen mischten sich aber erneut ein, vielleicht auch zwei Buhrufer – auf jene wiederrum viele Brava und Bravi folgten. Es war, wie ich daher annehme, eher ein Kräftemessen, sowie auch eine allgemeine Solidaritätsbekundung des Publikums.
Zum
Schlussapplaus trat derjenige welche nochmals seinen Kampf gegen den Rest
der Welt an. Zumindest nehme ich an, dass er es war, denn es gab nur einen
einzigen Buhrufer – und der widmete sich Frau Young. Ansonsten gab es zurecht eindeutige
Zustimmung für Simone Young. Zudem wurden alle Sänger außnahmslos vom Publikum gefeiert – und auch das Regieteam erntete
ausschließlich Zustimmung! Ein seltener Moment!! Wann gibt’s für die Regie
schonmal nicht wenigstens, egal ob berechtig oder nicht, ein paar Buhs? Also,
ich hab’s jedenfalls noch nicht erlebt! Zumindest nicht auf den großen Bühnen,
wie Hamburg, Berlin, etc. pp. Denn auch wenn ich Christians Stückls Regie
großartig finde und jedes Buh hier umfassend auseinandergefleddert hätte, glaube
ich doch, dass durch die "Aufhören-Aktion" vor allem eins erreichet wurde: Jeder, der nicht
anschließend mit ihm in einen Topf geschmissen werden wollte – und das waren
offenbar alle – haben keinen Mucks der Kritik von sich gegeben. Und bei aller
Großartigkeit dieser Premiere: Einige, denen es nicht gefällt, gibt es doch
immer – wirklich IMMER.
Egal!
Mir soll’s Recht sein, so konnte ich wenigstens ohne große Störung feiern. :D
Und
P.S.: nur für den Fall, dass ihr das mit den Bühnenkarten mal ausprobieren wollt, es euch aber unangenehm sein sollte den
kompletten II. Teil von über 1000 Leuten angestarrt zu werden: keine Angst, man
sieht das Publikum auf der Bühne echt nicht grell erleuchtet und in jedem Detail. ;)
Ich saß - leider - in der Loge im 1. Rang mit diesem "Ignoranten", der partout alles besser wissen wollte. Er buhte dann am Ende nur noch leise; das obligatorische laute buhen für Frau Young kam aus den oberen Rängen. In der Vergangenheit kamen diese Buhs von einem Zeitgenossen, der dann später am Bühnenausgang um die Sänger herumscharwenzelt und sich - mit kleinen Geschenken - gut Freund macht.
AntwortenLöschenMein herzliches Beileid für diese Sitznachbarschaft! ;)
LöschenWoher das Schluss-Buh kam konnte ich unten nicht so gut hören - kam für mich halt, genau wie der "Aufhören-Ruf", irgendwie von oben und da ich nur einen gehört habe, war die Sache für mich klar.... Aber dann gab's da offenbar noch einen, dem's nicht gefallen hat. Nun ja. Macht die Minderheit schließlich auch nicht erheblich größer. ;)
Und echt?! Herrje, es gibt schon verschrobene Gestalten: erst kräftig buhen und dann um die Sänger buhlen - das ist ja schon irgendwie fast traurig.
Vermutlich bekam die Zerbinetta Buh-Rufe, weil sie am Ende der großen Arie deutliche Intonations- und Höhenprobleme hatte. Trotz dieser - gemessen am theoretischen Hamburger Standard - zu schwachen Leistung waren die Buhrufe natürlich eine Frechheit.
AntwortenLöschenLG
Man hätte vielleicht keine Aufnahme draus machen können, aber die Buhs waren, wie Sie schon sagen, eine Frechheit!
LöschenDie gestrige Premiere war eine ganz wundervolle Vorstellung. Ich war sehr erbost über diesen dreisten Zwischenrufer. Man hätte ihn einfach vor die Tür setzen sollen. So ein Verhalten darf man nicht dulden und muss sich wirklich auch niemand gefallen lassen.
AntwortenLöschenich war auch in der Premiere, und ich muss sagen, dass der beste Sänger des Abend Johan Botha war. Sein Tenor hatte die Tragkraft und den Schmelz, den man sich von dieser Rolle erträumt. Alle anderen Sänger blieben weit hinter ihren Möglichkeiten zurück. Ich habe Anne Schwanewilms in Frankfurt als Arabella gehört und das große Duett war wirklich nicht von dieser Welt, aber was war das bei der Premiere? Ihr sonst wunderbar lyrischer Sopran brach immerzu ein, wirkte größtenteils unsicher. Am Schluß ihrer Arie "Es gibt ein Reich..." ging ihre Stimme im Orchester total unter. Auch enttäuschend die Zerbinetta. Keine durchgehend gesungene Gesangslinien, alles so abgehackt, das war wirklich keine Freude. Musikalisch fand ich die Aufführung ganz ansprechend, wobei ich den zweiten Teil wesentlich besser fand als den Ersten. Letztendlich bleibt leider nur zu konstatieren, dass auch bei dieser letzten Premiere in Hamburg sich der Trend fortsetzt, dass die Oper Hamburg unter den Opernhäusern in Deutschland an Bedeutung verliert. Wirklich schade!
AntwortenLöschenIch hatte an diesem Abend das große Pech genau neben dem "Aufhören-Rufer" zu sitzen. Derart geschockt über soviel Dreistigkeit, Dummheit und Ignoranz den Künstlern, aber auch den anderen Premierenbesuchern gegenüber, fiel es mir schwer, mich voll auf den zweiten Teil dieses endlich einmal wieder staatsopernwürdigen Abends zu konzentrieren.
AntwortenLöschenDa mir das unverschämte, gänzlich unhanseatische Verhalten dieses Herren, nebst seiner Gattin schon bei anderen Premieren aufgefallen ist, hätte ich gewarnt sein müssen...
Sicher: ein Großteil der letzten Produktionen unter Verantwortung von Intendantin Young waren sowohl musikalisch, als auch szenisch herbe Enttäuschungen. Eine wirklich interessante Programmatik der Spielpläne ist kaum zu erkennen, von einer hohen Qualität der Hamburger Philharmoniker als Opernorchester konnte leider nicht so oft die Rede sein.
Umso erfreuter war ich über die Ankündigung, dass mit der in Hamburg lange nicht mehr aufgeführten "Ariadne" endlich der Strauss-Zyklus weitergeführt wurde.
Das Ergebnis war ein ganz hervorragender Abend: szenisch klug ausgerichtet, mit einem spielfreudigem, hochmusikalischem Sängerensemble, prachtvoll-klangschön unter dem Dirigat von Simone Young.
Mit Anne Schwanewilms und Johan Botha haben wir die wohl derzeit weltbesten Vertreter ihrer Rollen erlebt.
Spätestens bei deren großartigem Schlussduett, hatte ich dann auch meinen Sitznachbarn vergessen...
Nur eine kurze Anmerkung:
AntwortenLöschenLiebe Sarah Maria: nur Zerbinetta bekommt üblicherweise Zwischenapplaus - bei den beiden Ariadne Arien wäre dies unpassend, finden Sie nicht ? (War dies etwa Ihre erste Ariadne ???).
http://opernblog.blogspot.de/2011/12/ariadne-auf-naxos-staatsoper-hannover.html
LöschenHier der Post zur anderen Ariadne-Neuinszenierung, die ich in dieser Spielzeit gesehen habe. ;)
Und in Hannover hat außer der Zerbinetta jemand Zwischenappluas bekommen ? In der Tat interessant...
AntwortenLöschenNun komme ich gerade aus der Ariadne nach Hause und kann somit mitreden: Frau Haveman ist für Frau Schwanewilms eingesprungen: das war die lauteste Ariadne, die ich jemals gehört habe. Aber über Einspringer sagt man nix.
Die Zerbinetta war gruselig: Frau Lee hat einfach Passagen ausgelassen, die ihr zu hoch liegen! Sie war mit Abstand die schlechteste Zerbinetta, die ich jemals gehört habe (wer eine noch schlechtere kennt: bitte Namen sagen!). Ich bin mit Gruberova, Dessay,Damrau, Mosuc, Fally und Archibald einfach verwöhnt. Aber diese Frau ist schlichtweg rufschädigend für die Hamburger Oper.