Montag, 30. Januar 2012

Nachtwache - Staatstheater Oldenburg

„Ein Lamentoabend mit Musik von Monteverdi, Händel, Purcell, Ligeti, Radiohead u.a.“ -> Lamento = „ein in Musik gegossener Seufzer“ – Soweit die Ankündigung im Programmheft. Ort der Handlung war ein Sanatorium, in dem die Insassen ihren ganz eigenen Film fuhren und weder Arzt noch Pfleger sich diesen Verrücktheiten verwehrten. Die Inszenierung war von Niklaus Helbling und konnte mit einigen durchaus schönen (Bühnen)Bildern punkten.

Und auch wenn das Stück an manchen Stellen etwas dürftig konstruiert war, hat es mir trotzdem gefallen: Händel (fast egal was) als Ouvertüre ist einfach irgendwie schrullig schön und mit „When I am laid“ (Purcell) löst man bei mir ja eigentlich immer einen ordentlichen Emotionsschub aus. Dass die dann direkt im Anschluss „You and whose Army“ (Radiohead) in einer verdammt eindringlich, wie puristischen Version hinterhergeknallt haben, hat mich restlos überzeugt - und ab da war ich Fan. Der Countertenor (im Stück hieß er „Little Cesar“) wollte zu „Lascia ch’io pianga“ als römischer Legionär verkleidet Selbstmord begehen. Okay, die Welt hat schon bessere Countertenöre als Magid El Bushra gesehen und seine Koloraturen waren etwas dürftig, aber seinen Selbstmordversuch-Sorg hat er wirklich wunderbar gemeistert.

Es folgte „Life during Wartime“ (Talking Heads) vom Jochen dem Pfleger (Johannes Geißer) und Händels „Ombra Pallide“. Mittlerweile war’s aber insgesamt schon ziemlich abgedreht und Prinzessin D (wunderbar gesungen von Mareke Freudenberg) endete mit einem sinngemäßen „I kiss your shadow“, bevor der Arztkittel des Psychiaters (Andrey Valiguras) zweigeteilt wurde und er ihn sich mit einer Patientin, der Wasserfrau (großartig interpretiert von Barbara Schmidt-Gaden) teilte. Kurz darauf und während jener in sonoren Basslauten rhythmisch „You belong to the night“ im wahrsten Sinne des Wortes lamentierte, habe ich mal kurz an Hape Kerkeling gedacht. Und siehe da: Sie schleppten kurzerhand ein Lamm auf die Bühne. Dann: Palmenblätter, Königskronen, Prinzessin D hat ein Ei gelegt - na ja Beuys auf Koks irgendwie.

Nebst dem bekannt Pop und Barock gab’s aber auch einige unbekannte Stücke zu entdecken: z.B. Tarik O’Regan „Had I not seen the sun“ (aus Threshold of Night). Und zu John Dowlands „Lend your ears to my Sorrow“ haben die Insassen inklusive Personal im Hare Krishna Style und mit Lavalampen-Projektionen an der Wand ihre „Medikamente“ genommen (wie gesagt: die Metaphern waren leicht abgenudelt, aber in Kombination mit der Musik war’s irgendwie irgendwas in Richtung „unterhaltsam“)  – zudem hätte ich schwören können, dass das Stück maximal 30 Jahre alt ist und nicht von 16-Hundert-Irgendwas.

Das vorletzte Stück „Wüstentraum“ wurde vom Dirigenten (Olaf Wiegmann) höchstselbst komponiert und der darauf folgende Schluss als Musical-Nummer hat den Abend irgendwie abgerudet: Man stelle sich nach einer umfassenden Mischung von Händel, Monteverdi, und Co., diversen atonalen Zeug, sowie E-Gitarren-Kram ein Ensemble vor welches in klischeehafter Musical-Attitüde die Textzeilen „Daylight in the Sun“ schmettert.

Fazit: Irgendwie verrückt und nicht immer frei von unfreiwilliger avantgardistischer Komik, aber dennoch sehenswert.

Sonntag, 29. Januar 2012

Das Rheingold - Staatsoper Hamburg

It’s Ring-Time, Baby! – zumindest in Hamburg.... Klar, dass das nicht ohne mich stattfindet. :D

Die Regie von Claus Guth beginnt in einer verwüsteten Welt. Die drei Rheintöchter, welche von Katerina Tretyakova, Maria Markina und Ann-Beth Solvag (Einspringerin für Rebecca Jo Loeb) wunderbar gesungen und gespielt wurden, befanden sich auf einem überdimensionalen Bett, in einem Zuhause, welches verwüstet und verlassen zusammen mit ihnen zurückgelassen wurde. Man hatte den Eindruck, dass der Ring dort beginnt, wo er schließlich auch endet. Die Weltuntergangsstimmung ist von Anfang an zu spüren. Alberich - genial gesungen von John Wegner. Sehr stimmgewaltig und mit einer wunderschönen Stimmfarbe – betritt die Szene mit Schutzanzug und Desinfektionsrucksack auf dem Rücken. Die Rheintöchter spielen nun ihr infantiles Spiel mit Alberich, der bekanntermaßen schließlich zugunsten des Goldes der Liebe entsagt. Dies ist übrigens eine meiner Lieblingsstellen im Rheingold bzw. sogar im ganzen Ring - und John Wegner hat sie mit so viel Ausdruck gesungen, dass es mir fast das Herz rausriss. Genial! Schon allein dafür hat sich der Abend gelohnt.

Weiter ging’s mit den Göttern, die in einer Dachkammer äußerst spießbürgerlich verweilten. Mittendrin ließ sich Wotan auf einer Plattform aus, indem er dort die ersten Anfänge seiner Weltvorstellung modellierte. Jene wurde im Spielverlauf auch immer wieder selbst zur Kulisse. Der Göttervater wurde von Falk Struckmann eindrucksvoll und mit genug Donner in der Stimme gesungen. Seine Frau Fricka, Lilli Paasikvi, interpretierte ihre Rolle stimmlich und darstellerisch sehr überzeugend. Einzig Peter Galliard als Loge hat mich stimmlich nicht vom Hocker gehauen. Für mich ist er zudem, durch seinen echt passenden Mime im Siegfried, halt auch einfach irgendwie Mime. Jener wurde gestern übrigens von Jürgen Sacher gesungen und er sorgte in seiner eher kleinen Partie für Highlights. Man nahm ihm den von Alberich gequälten und unterdruckten Handlanger sofort ab und durch seine, an einigen Stellen geradezu lyrisch klingende, Interpretation sorgte er durchaus für Gänsehaut. Die beiden Riesen Fasold (Wilhelm Schwinghammer) und Fafner (Jyrki Korhonen (Einspringer für Ayk Martirossian)) wirkten mit ausgepolsterten Oberkörpern, Goldkettchen und ordentlicher Stimmführung durchaus gewaltig und Vida Mikneviciute brachte eine stimmschöne Freia auf die Bühne.

In Nibelheim, das in einem Heizungskeller untergebracht war, baute Alberich auf einer Architektenplatte (nennt man das so? Jedenfalls meine ich das Teil, auf dem Architekten ihre Pappmodelle aufbauen) seine eigene Vorstellung der Welt auf. Was Wotan sichtlich nicht passte und dem Ausdruck verlieh, indem er eines der Häuschen achtlos zu Boden warf. Die Verwandlungen zur Riesenschlange und zur Kröte wurde mithilfe von jeder Menge Dampf und der Heizungsraumkulisse charmant komisch inszeniert. Schließlich konnte Freia, wie gewohnt, erst nicht und dann doch, durch die Überzeugungskraft von Erda, gesungen von einer auch stimmlich überzeugenden Deborah Humble, zurückgetauscht werden. Fafner erstach Fasold und die Götter zogen in Champagnerstimmung und mit den Klagen der Rheinschwestern im Hintergrund in Walhall ein.

Die Publikumsreaktionen waren durchweg positiv. Simone Young und ihre Hamburger Philharmoniker wurden mit dem meisten Applaus bedacht. Mir hat das Dirigat auch sehr gut gefallen, auch wenn es mir hier und da etwas zu donner-dominant war. Ein weniger mehr Hang zum Filigranen gefällt mir persönlich einfach besser.

Ein rundum gelungener Abend! Wobei ich jetzt auch nix anderes erwartet habe, schließlich habe ich das Hamburger Rheingold, in meist ähnlicher Besetzung, nun zum 4. Mal gesehen – wobei ich’s somit noch am seltensten von den vier Ring-Teilen gesehen habe. ;)

Samstag, 28. Januar 2012

Tannhäuser - Staatsoper Hannover

©Sarah-Maria
Boah, war das scheiße.

Aber würdigen wir mal zunächst diejenigen, die nüschts bzw. wenig dafür können, nämlich die Künstler: stimmgewaltig und mit einem Hauch von Domina hat mir die Interpretation von Khatuna Mikaberidze Venus sehr gut gefallen. Und auch das Dirigat von Ivan Repušic konnte durchaus punkten. Er verstand es den Wagner-Mix aus zarten Klängen und überschäumenden Wellen zu bändigen und differenziert ineinander klingen zu lassen. Sehr schön! Besonders die Ouvertüre war sehr gelungen. Weiter lässt sich noch viel Positives von Stefan Adam als Wolfram von Eschenbach, welcher übrigens auch nahezu den meisten Applaus abgesahnt hat, und Albert Pesendorfer als Landgraf vermelden.

Weitaus weniger gut hat mir Robert Künzlis Tannhäuser gefallen, obwohl er vom Publikum ziemlich abgefeiert wurde. Gut, ich habe ihn zum ersten Mal in der Rolle gesehen und kenne den Sänger auch sonst nicht besonders gut, daher halten wir ihm mal zugute, dass er sich vor dem dritten Aufzug als kränkelnd ankündigen ließ. Insgesamt fehlte mir aber in seiner Interpretation das Volumen und die Leidenschaft. Mich hat’s insgesamt irgendwie nicht mitgerissen. Ähnlich erging es mir da mit Brigitte Hahns Elisabeth. Zwar gab es in den ruhigen nachdenklichen Szenen einige wunderschöne Klänge, jedoch fehlte mir da irgendwie ein wenig Dramatik und Despair in ihrer Interpretation. Das mag aber durchaus nicht nur an der Interpretin, sondern durchaus auch an der sau-dämlichen Inszenierung (Philipp Himmelmann) gelegen haben, die den Sängern nicht viel Spielraum für Gutes gab.

Begonnen hat das Desaster auf gefluteter Bühne, mit einer Venus, die in blaugrauen sackartigem Kittel mit schwarzen Seidenstrümpfen beschriebene Papierseiten im Wasser verteilte. Rundherum waren Tribünen mit ebenso blaugrauen Hartschalensitze aufgebaut. Sprich: schön war’s nicht. Und um ehrlich zu sein habe ich auch nicht kapiert, was das sollte…. Bis von oben schließlich eine Fläche mit Kunstrasen hinunterschwebte und den Venusberg deckelte. Da war’s für mich klar: okay, also gibt Tribünen und davor eine Rasenfläche. Soll also wohl ein Fußballstadion sein?! Also war die Venus eine Art Hausmeister in Strapse? Oder hatte sie ein Männerhemd von einem ihrer Liebhaber an, während sie in den Spielerkabinen/ -duschen ihr Unwesen treibt? Oder wie oder was? Ich hab’s ehrlich und echt nicht kapiert….

Nun ja, irgendwann hatte ich mich damit abgefunden, dass ich die Regie weder verstehe noch wenigstens ganz hübsch anzusehen finde, bis dann der Sängerwettstreit auf dem Plan stand und der Chor, mit anfänglichen Schwierigkeiten gemeinsam zu singen, auf die Bühne/ Spielfeld trat: die Männer waren jeweils mit einem Schwert ausstaffiert und die Frauen mit weißen Lilien (als Zeichen von Jungfräulichkeit, wie ich annehme). Jene wurden nun von den Männern zu Boden befohlen und anschließend wurde eine Dame ins Geschehen gezerrt, die mit einem Schild um den Hals mit der Aufschrift „Ich habe Lust empfunden“ gedemütigt sowie mit Peitschenhieben bestraft wurde und schließlich ihre Klamotten auch noch dran glauben mussten. Pfff. Ich weiß gar net so genau, was ich dazu sagen soll, außer: Thema verfehlt…. Irgendwie geht’s darum halt nicht im Tannhäuser. Sicher, man kann alles irgendwie, wenn man lange genug am Stoff zerrt, an den Haaren herbei ziehen. Aber, ach. Echt?! Musste das sein?!

Im Anschluss ging’s erstmal mit einigen Ärgernissen für die Augen weiter: das Lieschen, vorhin noch brünett und im beigen Trenchcoat, ham ´se in ein froschgrünes Kleid mit wikingerroten Zöpfen gesteckt und der Rest vom Fest, blamierte sich in (z.T. rosafarbenen) dumpfbackigen Kostümen im Mittelalter-Style. Während des ganzen Spektakels ging mir jedoch nicht die Frage aus dem Kopf, was das Ganze jetzt eigentlich mit Fußball zu tun hat - oder ob es noch andere Interpretationen für diese Kulisse geben könnte….

Immerhin kamen im dritten Aufzug erstmal keine nennenswerten neuen Ärgernisse hinzu – erstmal jedenfalls….. Die Pilger kamen wieder und der Chor hat diese Stelle gut gemeistert, was mir somit etwas Trost gespendet hat. Dann drehte halt die Elisabeth durch und nahm einer Marienstatue ihre Kleidung ab, um sie sich selbst anzulegen und sich daneben zu stellen. Und nun segelte die Rasenfläche mit samt Elisabeth-Statue gen Himmel. Zum Fußball-Gott???! Öhm. Da dachte ich mir: echt Sarah, irgendwas kapierst du da nicht! In die Idee mit dem Fußballstation hast du dich irgendwie verrannt.

Doch als dann kurz darauf der Frauenchor in weißen Nonnen-Gewändern und grünen Kränzen zur La-Ola-Welle antrat, gab’s (leider) keine Zweifel mehr…. Ich dachte noch, ich halt’s nicht aus und wollte wirklich und ernsthaft gehen. Wäre ich auch, wenn ich am Rand gesessen hätte. Tja, und: mensch, hätt‘ ich das mal durchgezogen, denn dann hätte ich noch meinen Zug bekommen und hätte im Anschluss an das Desaster nicht ziemlich genau eine Stunde im Bahnhof abschimmeln müssen. Hätte, hätte, hätte. Aber zum Glück (?) ging es einem guten Freund von mir ähnlich: der saß nämlich nach der Csárdásfürstin in Köln fest und so konnten wir immerhin – gesegnet sei die Flatrate – die Zeit vertelefonieren. Er hatte jedoch im Gegensatz zu mir einen recht erfreulichen Abend. 


Und dabei fiel mir wieder das Gespräch ein, welches wir neulich mal über die Opernpausen geführt haben und, dass man die Londoner Tradition Eis zu servieren auch mal hier in Deutschland einführen sollte. Aber im Moment würde ich für die Pausen in Hannover da eher Schnaps vorschlagen. Richtig harten Schnaps.

Montag, 23. Januar 2012

Wie man sich unbeliebt macht.....

Wer hat es noch nicht erlebt, dass mitten in der Oper oder Konzert auf einmal eine blecherne Melodie den Musikgenuss störte oder sogar zerstörte? Doch was den Konzertbesuchern Mitte Januar im New Yorker Lincoln Center wiederfahren ist, darf wohl ohne Untertreibung als Handy-Super-Gau bezeichnet werden: der Dirigent der New Yorker Philharmonikern, Alan Gilbert, fühlte sich von einem nicht enden wollenden Klingeln so gestört, dass er zunächst „nur“ den Kopf Richtung Publikum drehte, doch nachdem der Klingelton namens Marimba einfach nicht aufhören wollte, unterbrach er Mahlers Neue. Im Publikum zeigten bereits einige Zuschauer auf zwei Herrschaften in der ersten Reihe, doch jene taten als wenn sie von nix wüssten. Erst ein unmissverständlicher Blickwechsel zwischen Dirigent und Störer bewirkte, dass dieser schließlich doch in seine Innentasche griff und das Trauerspiel beendete. Alan Gilbert fragte nun, ob das Handy nun leise sei und der Mann antworte nur mit einem stummen Nicken. Es folgten einige wütende Rufe aus dem Publikum: es wurden sogar 1000 Dollar Strafe für den Störer gefordert. Dann setzen die Philharmoniker ihr Konzert fort......


Quellen:
NZZ: Sphinx: Der Albtraum aller Konzertbesucher.http://www.nzz.ch/nachrichten/panorama/der_albtraum_aller_konzertbesucher_1.14299812.html  (abgerufen am 22. Januar 2012).

Freitag, 20. Januar 2012

La Fille du Régiment - Staatsoper Hamburg

©Sarah-Maria
Na, das nenn‘ ich mal eine Hammer-Besetzung! Allen voran (natürlich) Daniela Fally und Antonino Siragusa als Marie und Tonio! Da konnte man sich gar nicht entscheiden, wer von beiden der Star des Abends war. Da jagte ein Highlight das andere. Daniela Fally (seit 2009/10 Ensemble-Mitglied der Wiener Staatsoper) habe ich zum ersten Mal gesehen – und hoffentlich nicht zum letzten Mal! Ich hatte zwar schon vorab viel Positives von ihrer Zerbinetta (aus der Oper Ariadne auf Naxos) in Köln gehört, aber mit soooo viel Positiven hatte ich dann nun doch nicht gerechnet! Sie hat die Koloraturen, die in der Regimentstochter ja nun nicht gerade ohne sind, scheinbar mühelos und absolut klar und sauber gesungen – zusammen mit ihrer wunderschönen Stimmfarbe war das ein absoluter Hochgenuss! Und auch Antonino Siragusa ist ohne jeden Zweifel einer dieser Tenöre, bei denen man sofort hellwach wird! Da gibt es nicht nur Gänsehaut pur, sondern zudem auch noch technische Finessen. Man wusste gar nicht so recht, wie einem geschieht! Nach Tonios erster Arie des Abends gab’s sogar vom Dirigenten einen Daumen-Hoch Richtung Antonino Siragusa.

Die Marquise von Berkenfield wurde von Renate Springler charmant, galant dargestellt - die Rolle saß perfekt. Weiter konnte Maurzio Muraro als Sulpice punkten und auch Eric Miot als „Un Maître de Danse“ erinnerte gekonnt daran, dass es sich bei dieser Donizetti Oper um eine Opéra Comique handelte. Die musikalische Leitung hatte Alfred Eschwé inne – und dies zurecht.

Die Inszenierung von Alexander von Pfeil (dessen Oldenburger Tannhäuser ich übrigens auch sehr empfehlen kann – ich hoffe schon die ganze Zeit, dass er dort mal wieder auf den Spielplan gesetzt wird) habe ich nun schon mehrmals gesehen und kann sie wärmstens empfehlen: sie ist kurzweilig und komisch – ohne albern zu wirken. Das Bühnenbild und die Kostüme verlegen die Handlung in unser Jahrhundert, ohne jedoch weitere Handlungsstränge neu zu interpretieren. Das lässt Platz für eine liebevolle, spannende und durchdachte Personenregie, mit viel Tragik wie Komik. Wobei hinzuzufügen ist, dass die Regie den Solisten einiges an schauspielerischem Talent abverlangt – was am heutigen/gestrigen Abend auch ohne Ausnahme erfüllt wurde. Daniela Fally nahm man die rohe und burschikose Soldatentochter, die etwas hilflos in ihre erste Liebe schlittert, sofort ab und auch ihre „Väter“, die Soldaten, fügten sich perfekt in ihre Rollen ein. Weiter trumpfte, wie oben schon erwähnt, Renate Spingler mit blonden Wasserwellen, einem snobistischem Swing auf den Hüften sowie punktgenauer Bussi-Bussi Attitüde auf und neben dem schon erwähnten „Un Maître de Danse“ trug die Duchesse des Crakentorp, die auf dem Besetzungszettel als „Christina aus Amsterdam“ dem Publikum bekannt gemacht wurde, zur komischen Würze bei.

Am Ende flogen nicht nur die gesanglichen Liebesfunken zwischen Marie und Tonio über die Bühne, sondern auch die Hochzeitstorten – von denen alle lebensmittelfrei und reine Requisite waren – bis auf eine und die landete auf dem Antlitz des Maître de Danse….. Und während ich diesen Text so schreibe, denke ich, dass die Komik niedergeschrieben auf euch wohl doch recht albern wirken muss…. So ist das wohl mit der Situationskomik….. ;)

Am Ende gab’s richtig langen Applaus. Und erstaunlich lauten. Also wirklich langen, lauten Applaus. Was man ja vom Hamburger Publikum eher nicht so gewohnt ist, zumal die Vorstellung, schade aber wahr, nicht sonderlich gut gebucht war.

Fazit: ein toller Abend! Ein echtes Highlight!    

Mittwoch, 18. Januar 2012

Anti-SOPA Blackout Day

Heute findet man nüschts auf den Seiten des englischsprachigen Wikipedia - nix außer einen Hinweis auf den Anti-SOPA Blackout Day. Und aus Protest sind auch einige deutsche Seiten und Blogs heute schwarz. Die Aktion soll einen Vorgeschmack darauf geben, was passieren könnte, wenn dieser Gesetzesentwurf namens SOPA in den USA verabschiedet wird. Denn dieser Entwurf, der sich gegen die Piraterie von Musik und Filmen im Internet wendet, geht in seiner Auslegung so weit, dass Seiten wie youtube sogar aus dem Index der Suchmaschinen fliegen könnten.

In der derzeitigen Gesetzeslage ist es so, dass wenn ein youtube-User beim Hochladen eines Clips gegen das Copyright verstößt, kann der Anbieter, also youtube, nicht haftbar gemacht werden, vorausgesetzt er nimmt den Clip nach einer Beanstandung vom Netz. Der SOPA Gesetzesentwurf würde vorsehen, dass sich dies drastisch ändern würde. Danach wäre es z.B. möglich, dass via Gerichtsbeschluss ein Verbot ausgesprochen würde, Geschäfte mit einer Website zu machen, die Inhalte bereitstellt, die gegen das Copyright verstoßen. Das würde sowohl Werbeanzeigen, als auch z.B. Paypal betreffen. Zudem könnte es in weiteren Schritten dazu führen, dass Suchmaschinen diese Seiten aus ihrem Index nehmen müssten oder die Zugangsberechtigung zu der Seite sogar komplett gesperrt wird. (Quelle: http://www.tagesschau.de/ausland/wikipedia170.html) 

Dies würde meines Erachtens das Internet um ein Vielfaches grauer und eintöniger machen, da Seiten, wie youtube oder Wikipedia, die davon leben, dass ihre User das Angebot (mit)gestalten, jedes Material vor Veröffentlichung genau prüfen müssten. Was in der praktischen Konsequenz ein derber Schlag gegen die Meinungsfreiheit wäre.

Welche Auswirkungen das auf Internetnutzer in Deutschland hätte, könnt ihr hier nachlesen.

Sonntag, 15. Januar 2012

Lear - Staatsoper Hamburg

©Sarah-Maria
Heute Abend hatte Aribert Reimanns Oper „Lear“ Premiere in der Staatsoper Hamburg. Sie ist eine der meistaufgeführtesten deutschen Opern aus dem 20. Jahrhundert überhaupt und sollte eigentlich in der Hansestadt uraufgeführt werden, doch als der damalige Intendant August Everding das Opernhaus verließ, um nach München zu gehen, nahm er gleich das ganze Stück mit. Heute, nach nun 33 Jahren, findet Reimanns „Lear“ doch noch seinen Weg nach Hamburg.

Angelehnt ist das Stück an den Shakespeare Klassiker „King Lear“ sowie außerdem von dem 1936 in Berlin geborenen Komponisten mit einigen – nicht nur musikalisch – aktuelleren Assoziationen versehen. „Ein Stoff der mit unserer Zeit nix zu tun hat, den kann ich sowieso nicht vertonen“, so Reimann im Interview mit NDR-Kultur. 


Reimann war heute Abend vor Ort und verweilt zudem schon seit einigen Wochen in Hamburg, um die Schlussproben zu begleiten. Die Regie von Karoline Gruber sei an dieser Stelle von mir in den höchsten Tönen gelobt: ein unglaublich sinnreiches und düster ästhetisches Bühnenbild, welches der Oper einiges an zusätzlicher Ausdruckskraft verlieh sowie die Figuren punktgenau charakterisierte. Die Zerstörung und Zerrüttung der Protagonisten durch den grausamen Erbschaftsstreit um die Macht, ließ die Figuren durch einen Wald von Wahnsinn und Ich-Bezogenheit irren. Sehr eindrucksvoll im Bühnenbild integriert stand daher Wort wörtlich das auf der Bühne, was die Figuren auf ihrer Reise vorantrieb: in erster Linie wurde augenscheinlich gemacht, in wie vielen Worten das Wort „Ich“ steckt. Allem Anfang machte da der Ausdruck KönigreICH. Aber auch VerzICHt oder sogar Ver-Lust fanden Platz im Grundthema.

Die musikalische Leitung hatte Intendantin und Generalmusikdirektorin Simone Young inne und führte souverän durch den Abend. Die Besetzung war nicht nur in musikalischer Hinsicht sehr gelungen, sondern es wurde auch schauspielerisch einiges vom Sänger-Ensemble geleistet. Unterstützt wurden die Sänger von Erwin Leder als Narr in einer Sprechrolle. Einigen von euch dürfte er aus dem Film „Das Boot“ bekannt sein.

Die Rolle des König Lear war mit Bo Skovhus prominent und ideal besetzt. Er sang seine Partie wahnsinnig eindrucksvoll und tiefenintensiv. Seine drei Töchter Goneril (Katja Pieweck), Regan (Hellen Kwon) und Cordelia (Ha Young Lee) wurden alle drei von Mitgliedern des Hamburger Ensembles bestritten – und gestalteten ihre Rollen gekonnt empathisch. Die Söhne des Königs wurden von Martin Homrich (Edmund) und Andrew Watts (Edgar) gesungen. Letzterer wechselte im Laufe des Stücks, um unerkannt zu bleiben, nicht nur seinen Namen von Edgar zu Tom, sondern auch sehr effektvoll seine Tonlage von Tenor zu Countertenor.

Weiter auf der Bühne standen Wilhelm Schwinghammer als König von Frankreich, Moritz Gogg als Herzog von Albany, Peter Galliard als Herzog von Cornwall, Jürgen Sacher als Graf von Kent, Lauri Vasar als Graf von Gloster und Frieder Stricker als Bedienter.


Am Ende gab’s durchmischte Publikumsreaktionen: Die musikalische Seite wurde vom Publikum frenetisch gefeiert: allen voran sahnten Bo Skovhus, Simone Young sowie der Komponist Aribert Reimann Beifall ab. Das Regieteam wurde vom Publikum mit geteilter Meinung aufgenommen: es gab sowohl Bravi als auch Buhs.

An dieser Stelle sei jedoch erwähnt, dass ich mich nicht im Premierenpublikum befand, sondern meine Eindrücke während einer Probe gesammelt habe. Daher stammen meine Beschreibungen der Publikumsreaktionen aus der NDR-Kultur-Liveübertragung.


Und zum Schluss möchte ich noch hinzufügen: auch wenn dieser Opern-Stoff sicherlich besonders schwer, grausam und dicht ist - nicht ohne Grund hat Verdi nach langem Rumdoktoren den Lear-Stoff wieder ad acta gelegt – würde ich persönlich diese Oper jedem empfehlen, der noch nicht soooo viel moderne Oper gehört hat und sich auf die Entdeckungstour begeben will. Denn die Musik bietet einen sehr intuitiven und griffigen Einstieg. Oder, um es mit den Worten von Karoline Gruber zu sagen: „Musik, die keine Sekunde durchhängt.“ (Interview NDR-Kultur) ;)



Soben wurde ein Video der Produktion von der Staatsoper Hamburg auf youtube hochgeladen (Nachtrag vom 17.01.2012):

Mittwoch, 11. Januar 2012

Rigoletto - Staatsoper Hamburg

©Sarah-Maria
Fast ein wenig absurd, wenn man bedenkt, dass ich als Dauergast der Hamburgischen Staatsoper den Rigoletto dort zuletzt am 29.4.2008 gesehen habe. Es war die allerletzte Vorstellung, in der Franz Grundheber den Rigoletto gesungen hat, und er wurde damals nicht nur mit nicht endendem Applaus, sondern auch mit jeder Menge Blumen bedacht.

Den Rigoletto des gestrigen Abends, Carlos Almaguer, dürften Besuchern, die dem Hamburger Opernhaus des Öfteren mal die Ehre erweisen, schon bekannt gewesen sein; und er hat, trotz einiger weniger versemmelter Töne, seine Sache wirklich mehr als gut gemacht. Denn nicht jeder Sänger schafft es, die Mischung aus Böshaftigkeit und unbändiger Vaterliebe gekonnt unter einen Hut zu bringen. Seine Tochter Gilda, Katerina Tretyakova, war neben der Oper an und für sich, der Grund, warum ich gestern nach Hamburg gefahren bin. Und dies durchaus mit einer Mischung aus Skepsis und Neugier. Jedoch: ich kann verbuchen, dass mir ihre Gilda wirklich gut gefallen hat. Sie hat die Rolle durchaus ausdrucksstrak und irgendwie mitten ins Herz gesungen. So dass meine Lieblingsstelle, das Duett zwischen Gilda und Rigoletto - nachdem sie die Nacht mit dem Herzog verbracht hat - zum Highlight wurde.

Francesco Demuro als Herzog hat mir ganz und gar nicht gefallen. Sowie, sonst zwar durchaus von mir gemocht, aber als Maddalena irgendwie stimmlich unpassend, fand ich Renate Spingler – da fehlte das cremig-süffige Carmen-Feeling in ihrer Interpretation. Jongmin Park als Sparafucile war gut, jedoch hätte seiner Interpretation ein bisserl mehr Düsternis gut getan.

Die musikalische Leitung hatte Alexander Soddy, der die vielen Zwischenklatscher inmitten seinem Dirigat tapfer durchgestanden hat und auch sonst den Abend sehr souverän und mit Sinn für’s Detail gemeistert hat.

Die Inszenierung von Andreas Homoki finde ich nach wie vor nicht so den Knüller. Abgesehen davon, dass ich die Farbkombination Königsblau, Dunkelrot und Knallgelb sowieso und insgesamt recht furchtbar finde, finde ich sie völlig unpassend für den Rigoletto. Ansonsten stört die Inszenierung sicherlich nicht und die Personenregie ist handlungsfirm.

Alles in allem ein schöner Abend mit positiver Gilda-Stimmüberraschung! Leider war es der letzte Hamburger Rigoletto in dieser Spielzeit.

Montag, 9. Januar 2012

Verpasster Einsatz

©Sarah-Maria
So manche Aufführungspanne während einer Opernaufführung kann geschickt überspielt werden - schwer dürfte es allerdings den Festgästen einer Münchener Tannhäuser Vorstellung gefallen sein, die im II. Akt ohne die markanten Trompetenklänge in die Sängerhalle einziehen mussten. Der Dirigent Meinard von Zaller gab zwar mehrfach den Einsatz, doch es ertönte weit und breit keine Trompete. Schuld an der Panne waren aber nicht die Musiker, sondern der Inspizient: er hatte versehentlich den Pausenraum der Bühnenmusiker abgeschlossen, die somit darin gefangen waren.

Quellen:
Raderer, F.C./Wehmeiner, R.: Fortissimo – Musiker-Anekdoten: Stuttgart: Reclam, 2009

Freitag, 6. Januar 2012

Die Zauberflöte - Staatstheater Oldenburg

©Sarah-Maria
Trotziges und permanentes Aktualisieren des völlig leer gelutschten Saalplanes bringt offenbar doch was: denn gestern um halb fünf ging dann doch noch eine Karte zurück, die ich mir natürlich fix gekrallt habe und zugesehen habe, dass ich zum Bahnhof komme. Das war allerdings nicht soooo einfach, denn Sturmtief Andrea hatte dafür gesorgt, dass zwischen mir und dem Bahnhof eine fette Straßensperre war, durch die nichteinmal mehr Fußgänger gelassen wurden und so bin ich auf Umwegen und im Laufschritt noch so gerade eben in den Zug gehüpft.

Doch der Stress hat sich gelohnt: die Oldenburger Zauberflöte ist nämlich genau das, was man – zu Recht – erwartet, wenn man diese Oper besucht: die Regie (Niklaus Helbling) ist ausgefeilt und immer genau auf den Punkt: da wirkt nix fehlplatziert oder zusammenhangslos. Sie hat einen gewissen modernen Touch (Tamino kommt in einem Anzug daher, Sarastro ist Herrscher der Eisenbahn, usw.) - der aber keinesfalls das Märchenhafte zurückdrängt oder übertüncht. Und ein bisschen Freimaurerei darf gen Ende natürlich auch nicht fehlen. Insgesamt wirkte alles sehr stimmig.

Musikalisch weiß das Theater Oldenburg, wie so oft, durchaus zu begeistern. Klar, wir befinden uns hier nicht in der Met oder der Wiener Staatsoper, da sitzt vielleicht nicht jede Koloratur bombenfest. Dennoch weiß Estelle Kruger als Königin der Nacht durchaus zu verzaubern und legte in ihre Interpretation viel Schmerz und Energie. Stefan Heibach als Tamino sang, ganz der Tamino, mit Inbrunst und Charme - und nach der Bildnisarie war klar: Man, der Gute ist definitiv und wirklich verknallt!! ;) Da kam jeder Ton von Herzen. Auch Pamina, Mareke Freudenberg, wusste ihrer Rolle genau das zu geben, was sie braucht: einen klaren und jugendlichen Sopran. Und Andrey Valiguras lieferte einen stattlichen Sarastro ab, wenn auch mit einigen Schwächen in der Stimmführung. Doch was wäre die Zauberflöte ohne einen schauspielerisch und gesanglich frischen Papageno? Stimmt, irgendwie blutleer. Aber da konnte Paul Brady Abhilfe zu schaffen und brachte sowohl punktgenaue Komik als auch eine nahezu perfekte stimmliche Interpretation mit.

Im Orchestergraben stand Thomas Bönisch und dirigierte Mozart. Dies mag zunächst vielleicht ein bisserl schlicht klingen, ist es durchaus sehr positiv gemeint. Und als Knüller ist ebenfalls der Chor zu vermelden.

In der Oldenburger Zauberflöte stimmt einfach so viel, dass man sich glatt dazu hinreißen lässt hinauszupusten: da passt einfach alles! Kein Wunder also, dass es seit der Premiere am 1. Oktober – und man beachte an dieser Stelle die vielen vorweihnachtlichen Vorstellungen - kaum eine Möglichkeit gab an Karten zu kommen. Und auch für die noch verbleibenden 15 Vorstellungen, inklusive 5 Zusatzterminen, gibt es bis einschließlich März nur noch Restkarten. Einzig für den 17.04. und 21.04. hat man noch etwas mehr Auswahl im Saalplan. 


+++ NACHTRAG +++
Es gibt weitere Zusatztermine für den 6., 13., 24. Mai, den 2., 15., 24. Juni.und den 6. Juli

Dienstag, 3. Januar 2012

Ein Scanner spielt Beethoven ;)


P.S.: Wer Beethovens "Ode an die Freude" mal von 10.000 Menschen im Chor gesungen hören möchte, der <klickt> bitte hier, denn der Link führt euch zur passenden arte-Doku.

Montag, 2. Januar 2012

Richard Wagner - Der fliegende Holländer

©Sarah-Maria
Am 9. Juli 1839 war der Komponist und soeben Ex-Kapellmeister des Theaters in Riga, Richard Wagner, auf der Flucht vor diversen Gläubigern – und es sollte auch nicht seine letzte Flucht gewesen sein, denn mit Geld zu haushalten gehörte Zeitlebens nicht zu seinen Stärken. Zusammen mit seiner ersten Frau Minna und dem Neufundländerhund Robber sowie nunmehr ohne Pässe überquerten er zunächst die russisch-preußische Grenze und schlich sich schließlich im damaligen Pillau (heute Baltijsk) als blinder Passagier auf das Segelschiff „Thetis“, welches mehr einer Nussschale als einem Schiff glich, und geriet auf der für etwa 10 Tage geplanten und letztlich mehr als das doppelte dauernden Überfahrt von Riga nach London in diverse fürchterliche Stürme.

Nach diesem Erlebnis schrieb Wagner: "Diese Seefahrt wird mir ewig unvergesslich bleiben; sie dauerte drei und eine halbe Woche und war reich an Unfällen. Dreimal litten wir von heftigstem Sturme, und einmal sah sich der Kapitän genötigt, in einem norwegischen Hafen einzulaufen. Die Durchfahrt durch die norwegischen Schären machte einen wunderbaren Eindruck auf meine Phantasie; die Sage vom fliegenden Holländer, wie ich sie aus dem Munde der Matrosen bestätigt erhielt, gewann in mir eine bestimmte, eigentümliche Farbe, die ihr nur die von mir erlebten Seeabenteuer verleihen konnten.“ Und an anderer Stelle: „Hier tauchte mir der `Fliegende Holländer` wieder auf: an meiner eigenen Lage gewann er Seelenkraft: an den Stürmen, den Wasserwogen, dem nordischen Felsenstrande und dem Schiffgetreibe, Physiognomie und Farbe.“ (aus: „Autobiographische Skizzen“)

Von London ging es weiter nach Paris und Wagner begann mit der Arbeit zum Holländer. Doch in Paris lösten sich seine Geldsorgen freilich nicht in Wohlgefallen auf und er sah sich gezwungen seinen französischen Prosaentwurf an den Pariser Operndirektor Léon Pillet zu verkaufen. Anfänglich hatte er noch die Hoffnung nunmehr auch mit der Komposition beauftragt zu werden, doch daraus wurde nix: am 9. Januar 1841 wurde der Holländer unter dem Titel „Le vaisseau fantôme, ou Le maudit des mers, opéra fantastique en deux actes“ in einer Komposition von Loius Dietsch aufgeführt. Wagner musste nun auch noch seine Wohnung in Paris aufgeben, um in einen billigeren Vorort zu ziehen. Dennoch arbeitete er weiter an seinem eigenen Entwurf und schloss eine erste Skizze schließlich mit dem Vermerk „Finis. Richard Wagner. Meudon, 22. August 1841 (in Not und Sorgen)“ ab.

Heute vor 170 Jahren, am 2. Januar 1843, hatte Wagners fliegender Holländer schließlich in Dresden seine Uraufführung. Doch die Oper hatte dort nur mäßigen Erfolg und wurde nach vier Vorstellungen wieder abgesetzt. Anders verlief es z.B. in Riga: von dort berichtete die Leipziger Illustrierte Zeitung, dass die Oper dort bereits populär wäre und „seine Melodien dort bereits Volksmelodien sind.“ Doch in Deutschland blieb man dem Werk gegenüber weiterhin kritisch. Die Zeitschrift für die elegante Welt schrieb am 24.01.1844: "Der fliegende Holländer, von Wagner, hat allgemeines Interesse erregt, ohne doch gerade besonders zu gefallen. Die Instrumentation weiß noch nicht recht mit dem Gesang in Einklang zu kommen. Es läuft fast immer eins dem ändern nach, und wenn sie sich treffen, tritt eins dem ändern auf den Fuß. Es ist noch viel Balgerei in der Musik, die Melodie darin ist noch in den Flegeljahren ..." In den Folgejahren unternahm Wagner noch diverse Änderungen an der Oper.

Heute ist der Holländer, nach „Die Hochzeit“, „Die Feen“, „Das Liebesverbot“ und dem „Rienzi“, Wagners früheste Oper, die noch heute auf zahlreichen Spielplänen des weltweiten Opernbetriebs zu finden ist.

Quellen:
Wagner-Verband Minden: Zeittafel zu „Der fliegende Holländer“ I. http://www.wagner-verband-minden.de/hollaender/7_hintergr/zeittafel/zeittafel_u.html (abgerufen am 02. Januar 2012).
Csampai, A./Holland, D.: Opernführer: Hamburg: Hoffmann & Campe Verlag, 1990.
Lehmann, H.J..: Auf den Spuren des Fliegenden Holländers von Richard Wagner: Norderstedt: Books on Demand GmbH, 2009.