Montag, 12. März 2012

Das bronzene Pferd - Komische Oper Berlin

Ich war verwirrt – und bin es noch. Denn den gestrigen Abend fand ich, vorsichtig ausgedrückt, katastrophal. Doch mit dieser Ansicht befand ich mich, zusammen mit meinen beiden Mitstreitern, in der absoluten Minderheit. Denn die Premiere von Aubers Bronzenem Pferd wurde rundum vom Publikum bejubelt.

Vorweg erstmal: es war meine erste Auber-Oper. Als Fazit kann ich festhalten, dass er zwar nicht mein Lieblingskomponist wird, ich aber das Stück an und für sich durchaus sehenswert fand. Soweit das unter den gebotenen Umständen zu beurteilen war. Denn zunächst einmal hat die Komische Oper, wie sie das stets mit nicht-deutschen Texten zu tun pflegt, das Libretto von Eugène Scribe verhunzt, indem sie es ins Deutsche übersetzen ließ. Ich erinnere mich da z.B. (leider) noch sehr gut an einen Rigoletto-Besuch 2009, als der Rigoletto anstatt aus voller Schicksalswut ein ordentliches und voluminöses „Assassini“ hinauszusonoren, nur ein klägliches, irisch akzentuiertes „Ihr fiesen Hüüüüüühhhhhnde“ hervorbrachte. Und gestern war’s so ähnlich. Jedenfalls vermute ich das in Anbetracht der zahlreichen nicht gerade wohlklingenden, ins Deutsche gepresste Passagen.

Ich habe also versucht mich nur auf die Musik zu konzentrieren und den Libretto-Mord soweit es irgend ging auszublenden, doch das wurde einem nicht gerade einfach gemacht. Denn die Sänger waren echt nicht gut – um genau zu sein würde ich einigen sogar nachsagen, dass sie auf dem berühmten „Nicht mal auf Stadttheater-Niveau“ gesungen haben. Es gab zahlreiche schiefliegende Töne, eiernde Koloraturen und zudem extrem dünne, völlig uninteressante Stimmen. Die Auflistung der Namen spare ich mir an dieser Stelle einmal, denn auch wenn’s echt nicht meins war, möchte ich, als Laie, auch niemanden völlig diffamieren. Wen die Besetzung genauer interessiert, kann auf der Homepage der Komischen Oper nachsehen.

Dennoch möchte ich nicht unerwähnt lassen, dass der Mezzosopran von Annelie Sophie Müller (Pe-Ki) mir wirklich gut gefallen hat. Ich hatte anfänglich vermutet, dass es sich bei ihr um eine Alt-Stimme handelt, weil sie mit vollem Einsatz in die Tiefen greifen konnte. Sie ist Mitglied im jungen Opernstudio und recht kurzfristig im Sänger-Ensemble dieser Produktion aufgenommen worden - wie auf der Premierenfeier mitgeteilt wurde. Von ihr würden mich durchaus weitere Interpretationen interessieren. Und auch Erika Roos als Tao-Jin führte die Negativ-Liste keinesfalls an. Ihre Koloraturen saßen zwar nicht immer – aber an einigen Stellen durchaus. Zum Dirigat von Maurizio Barbacini fällt es mir schwer mich zu äußern, da mir wie gesagt die Oper vorher unbekannt war.

Auf der Negativ-Seite stand für mich jedoch ebenfalls die Regie von Frank Hilbrich. Ich konnte da kein wirkliches Konzept erkennen. Damit ihr überhaupt eine Idee bekommen könnt, was ich meine, erkläre ich mal kurz die Handlung, die, wie ich vermute, eher wenige kennen: Es gibt, wie so oft, diverse Liebespaare. Das eine ist verheiratet, kann sich aber nicht riechen; ein anderes soll verheiratet werden, ist aber zu 50% ganz und gar nicht begeistert von dieser Idee und einem wieder anderem ist die Herzensdame/ der Göttergatte im Traum erschienen. Im Mittelpunkt dieser Wirrungen steht ein bronzenes Pferd, dass seine Reiter auf die Venus befördert. Dort gilt es 24h allen weiblichen Verlockungen zu wiederstehen. Gelingt dies nicht, werden die Herren umgehend wieder auf die Erde geschickt. Dort dürfen sie niemandem auch nur ein Sterbenswörtchen über ihre Reise erzählen, sonst werden sie zu Stein. Pe-Ki, die, um sich vor ihrem Verlobten zu verstecken, in Männerkluft steckt und ihren versteinerten Liebsten ins Leben zurückholen will, geht auf die Reise. Wiedersteht – freilich. Bekommt so das zauberbrechende Armband und erlöst alle.

Hilbrich wollte offensichtlich in seiner Regie das Triebhafte (nicht mal 24h schaffen die männlichen Protagonisten durchzuhalten) integrieren. Um dies zu visualisieren hat er mit Affen genervt, die stets fickend und rammelnd über die Bühne hüpften. Am Ende rammelte dann der Chor und die Affen wurden zu Menschen, die schließlich zu Stein wurden. Irgendwie passt dieser Gedankengang in meinen Augen nicht: Denn wenn es um’s Treibhafte im Sinne von tierischer Sexualität ohne Vernunft und gesellschaftlicher Schranken geht, dann müssten doch gerade diejenigen, die oben auf der Venus keine drei Minuten durchstehen zu Tieren oder sonst was werden, aber doch nicht zu frigidem Stein. Außerdem endet die Erlösung von der Versteinerung im Libretto ja eben nicht darin, dass die Protagonisten eine Orgie feiern, sondern sich monogame Paare bilden. Macht für mich irgendwie alles keinen Sinn. Und zudem wurden die stückimmanenten Gags in der Regel auch noch im karnevalsstyle dargeboten. Hat nur noch gefehlt, dass anschließend jedesmal einer „Tata-Tata-Tata“ geleiert hat. Ich fand’s irgendwas zwischen albern und peinlich - aber niemals komisch.

Schade. Ich hatte mich wirklich auf meine erste Auber-Oper gefreut und finde es traurig, dass ich mit so einem Eindruck nach Hause ging.

3 Kommentare:

  1. Deine Verwirrung ist wohl nur dadurch zu zu erklären, dass du Opern-Karten gekauft hast und in eine Operette geraten bist.

    Kopulationsszenen sind doch mittlerweile, ob es zur Handlung passt. oder nicht, Quasi-Pflichtprogrammm an staatlichen Bühnen - also kein Aufreger.

    Für mich war es auch das erste Auber-Stück. Wie viele stehen denn derzeit auf den Spielpänen deutscher Opernhäuser? Daher habe ich mich ganz unbefangen in's Parkett gesetzt.

    Und fühlte mich (nach kurzer Eingewöhnung) die meiste Zeit recht witzig und auf gutem Niveau unterhalten (Stimmen, Chor!, Orchester und Bünenbild).

    Ab und zu waren einige Formulierungen etwas "zeitgemäß" übersetzt. Aber - wenn es nicht den Sinn entstellt - ist das doch bei einem Libretto, das (wie ich gelesen habe) eher wie eine "Soap" heutzutage entstanden ist, durchaus legitim.

    Andersrum gesehen: Ohne Übersetzung wäre dieses Stück hierzulande für ein Zuschauer-Potential gegen NULL nicht zur Aufführung gekommen.

    Diese Inszenierung, mit der vorliegenden Übersetzung, ist eine schöne (!) Möglichkeit, Aubers Kunst zu genießen.



    P.S. Da ich nicht mit der Blogger-Scene vertraut bin, (nur mit Foren) fände ich es auch gut, sich mit Nickname-(Guest) beteiligen zu können.

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    1. Mhm. Na ja, in Anbetracht der Tatsache, dass man den gesungen Text (egal in welcher Sprache) sowieso nicht komplett versteht und ohnehin auf die Übertexte, die ja in der Komischen Oper in der Sitzlehne des Vordermanns in diversen Sprachen mitgelesen werden können, schaut, sehe ich echt keinen Grund, warum man das Libretto umschreiben muss. Zum allgemeinen Verständnis der Oper trägt es meines Erachtens jedenfalls nicht bei....

      Ich habe den Rigoletto auf Deutsch damals als eine Zumutung erlebt: die deutsche Sprache passt meiner Meinung nach einfach nicht in Verdis Musik. Und ohne jetzt im Fall der Auber-Oper das Original zu kennen, klang für mich die Übersetzung einfach nicht passend zur Musik, sondern irgendwie reingepresst. Sprache hat halt auch einen gewissen Klang und nicht jede Sprach passt zu jeder Musik....

      Und ehrlich gesagt - und ich geb‘ zu da bin ich stur ;) – sehe ich auch nicht ein, warum ich mich, nur weil es zur Norm einiger Regieteams geworden ist, mit unpassenden Rammel-Szenen abfinden soll. Und bitte verstehe mich da nicht falsch: ich habe nichts gegen solche Szenen im Allgemeinen. Wenn es zur Oper/ Regiekonzept passt, dann nur zu! :D Aber Rammel-Szenen um der Rammel-Szenen willen finde ich irgendwie altbacken. Denn spätestens seit den 70ern und wirklich aller-aller spätestens seit den 80ern wurde doch mit allen Tabus aufgeräumt. Das war wichtig. Aber nun können wir uns tabufrei den Inhalten widmen. Wenn’s das Stück in seiner Aussage, Intensität, etc. bereichert, kann man doch völlig frei in die Vollen greifen: von völlig nackt bis hin zum derbsten Sprachgebrauch ist doch echt alles in der Kunst „erlaubt“. Aber diese Elemente der Elemente wegen einzubauen, finde ich halt einfach nur langweilig. Und ich unterstelle dann oftmals schnell, dass der Künstler eigentlich nix zu sagen hat, denn ein Tabubruch ist doch nur dann Kunst, wenn es noch nicht gebrochen wurde und den Zuschauern eine neue Sicht ermöglicht. Wenn’s aber schon vor 40 Jahren gebrochen wurde ist es bestenfalls Nostalgie und schlimmstenfall Kitsch. Na ja. Aber ich geb‘ zu, ich bin bei diesem Thema recht verbohrt und wohl auch schneller genervt als die meisten anderen. ;)

      P.S.: Ein-Gast-Blogger-Profil kann man leider nicht einrichten - man kann es aber einfach umgehen: wenn man beim Kommentieren anstatt „anonym“ einfach „Name/ URL“ anklickt. Dort kann man dann einfach einen Nickname eintragen und wenn man mag eine URL zur eigenen Website hinzufügen, man kann das URL-Feld aber auch einfach freilassen.

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  2. Ich möchte mir "Das bronzene Pferd" auch noch in der Komischen Oper ansehen, weil ich die Oper bisher nicht kenne - bin gespannt, wie's mir gefällt. Danke jedenfalls schonmal für die Eindrücke.

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